Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Kanzler in Not
Bundeskanzler Martin Schulz steckt in der Klemme. Er hat schon angefangen, die Republik umzubauen, aber seine Juniorpartnerin tut so, als ginge sie das alles nichts an. Schulz wird das Rentensystem neu justieren, den Sultan in Istanbul zur Räson bringen, das verrottete Bildungssystem auf Vordermann bringen. In der ganzen Republik hat er Plakate aufhängen lassen.
Genosse Schulz möchte die Menschen zu Hause, wo sie ganz bei sich sind, abholen und sie zum Gang zur Wahlurne motivieren, auf dass sie seine SPD mit ihren Kreuzchen wieder auf unschlagbare Werte jenseits der 20-Prozent-Marke treiben.
Und was macht Angela Merkel? Reist nach Paris, um über Flüchtlinge zu verhandeln. Macht die Asylpolitik zum Wahlkampfthema. Wen interessiert das? Hat der CDU-Vorsitzenden schon jemand gesagt, dass es am Sonntag um alles geht? Dass das Kandidatenduell auf keinen Fall mit dem 90-minütigen Zeigen der Raute gewonnen werden kann? Bestimmt möchte Merkel die Sache wieder irgendwie aussitzen, um die Unentschlossenen mit einer Demonstration der Unentschlossenheit auf ihre Seite zu bringen. Schulz dagegen: reißt sich den Hintern auf, präsentiert ausgetüftelte Punktepläne, macht sich permanent Sorgen um die Gerechtigkeit im Land.
Es würde uns nicht wundern, wenn er am Sonntag vor den Fernsehkameras die Geduld verlöre und Merkel endgültig fallen lässt. Soll sie doch sehen, wie sie mit den schwäbischem Dreamteam Kretschmann und Özdemir eine diesel- und fipronilfreie Republik zusammenkriegt. Auf den Kanzler hört ja keiner. (hü)
untermstrich@schwäbische.de