Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Musikalische Funkenflüge
Schubertiade zeigt die Vielfalt der Vokal- und Instrumentalmusik
SCHWARZENBERG - Pianisten, Ensembles und Sänger prägten die noch laufende Schubertiadewoche im Bregenzerwald. Nach der funkelnden Khatia Buniatishvili überzeugte der 67-jährige deutsche Pianist Christian Zacharias mit seinem ungemein klar und organisch musizierenden Spiel. Man erlebte schön gewählte Tempi, ein buntes Spiel von Licht und Schatten, von leiser Melancholie und feiner Eleganz in der Reihe der Schubert-Walzer. In deren Gegenstücken erwies der Franzose Maurice Ravel dem Wiener Walzer seine besondere Reverenz in dem für ihn typischen Klangfarbenspiel. Die Davidsbündlertänze von Schumann schließlich erfasste Zacharias mit seinem untrüglichen Gespür für die Charaktere, den Charme und den Atem dieser Musik – klassisch ausgewogen und nicht weniger facettenreich.
Beethovens späte Quartette
In zwei Konzerten widmete sich das Emerson String Quartet dem einzigartigen Kosmos der späten Beethovenquartette. Das Ensemble feierte in dieser Saison 2016/17 sein 40-jähriges Bestehen, lediglich vor drei Jahren gab es einen Wechsel am Cello. Das ist eine lange Zeit musikalischer Symbiose, die gerade solch komplexen Werken zugutekommt. Die beiden Geiger der Emersons, Eugene Drucker und Philip Setzer, wechseln sich am ersten Pult ab, mit durchaus hörbarem Unterschied in puncto Geschlossenheit, Klarheit und Transparenz.
Diese Werke mit ihren Übergängen, Tempowechseln, Modulationen, ihrer Ausdruckskraft oder auch Schroffheit sind eine Lebensaufgabe, sowohl für die Musizierenden wie für die Hörenden. Bei aller Strenge blitzte doch auch immer wieder Überraschendes, Humorvolles auf, natürlich im lebhaften Finale von op. 135 („Muss es sein? Es muss sein“) oder im Scherzo von op. 127.
Ensemble von Virtuosen
Das Oktett von Schubert D 803 für fünf Streicher und drei Bläser gehört zu den stets beliebten und in seiner musikalischen Qualität herausragenden Fixpunkten dieses Festivals. Diesmal bildete sich eine international besetzte Gruppe um die lettische Geigerin Baiba Skride, die Bulgarin Gergana Gergova am zweiten Pult, Veronika und Clemens Hagen an Bratsche und Cello, Roberto di Ronza am Kontrabass, den Klarinettisten Paul Meyer, den Fagottisten Marco Postinghel und den Hornisten Alejandro Núñez: Jeder und jede für sich ausgezeichnet, zusammen ein sprühendes Ensemble. Die Aufführung des Schubert-Oktetts war nicht nur klanglich im Reigen der Themen, Melodien und Variationen ein Fest: Man erlebte die Kunst der Kommunikation, der gegenseitigen Inspiration, von Aufnehmen und Weitergeben eines musikalischen Gedankens.
Barockzauber vom Feinsten
Die Barockmusik hat mittlerweile auch bei der Schubertiade Fuß gefasst und wird von einem anderen, jüngeren Publikum wahrgenommen. Am Donnerstag war der Countertenor Valer Sabadus zu Gast, begleitet vom Ensemble Nuovo Aspetto rund um den Lautenisten Michael Dücker. Es wartete mit wundersam feinen Klangfarben von Psalterium, Barockharfe, Streichern oder dem selten zu hörenden Chalumeau auf.
Die Werke der beiden Italiener Antonio Caldara und Francesco Bartolomeo Conti und von Johann Georg Reutter machten dazu mit der Musik am Wiener Hof in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bekannt: Virtuose, hochexpressive Vokalmusik mit feurigen Koloraturen und intensiven Klagegesängen, wobei die Grenzen zwischen geistlichem Oratorium und weltlicher Opernmusik eigentlich fließend sind.
Das Ensemble Nuovo Aspetto hat da viele Entdeckungen gemacht und bringt die Arien und Instrumentalstücke mit wechselnden Soloinstrumenten ans Licht. Ob Laute, Solostreicher mit schmeichelnder Artikulation, die weiche Traversflöte oder das Chalumeau, eine Frühform der Klarinette, immer wieder darf man die Ohren spitzen. Elisabeth Seitz am Psalterium und ihre Schwester Johanna an der Barockharfe liefern den silbrigen, feinsinnigen Grundton und die rhythmischen Akzente. Wunderbar mühelos in höchste Höhen aufsteigend, stilistisch phantasievoll in den Verzierungen, mit ausdrucksvollen Seufzern oder flammenden Koloraturen setzt der 30-jährige Countertenor Valer Sabadus dem Ganzen die Krone auf und drängt sich doch als Teil des gesamten Ensembles nie in den Vordergrund. Barockzauber vom Feinsten!