Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Merkel und Schulz gegen Rente mit 70
20 Millionen verfolgen Wahlkampfduell – Sachliche TV-Diskussion ohne persönliche Schärfen
BERLIN (dpa/AFP) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim einzigen TV-Duell im Bundestagswahlkampf eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre ausgeschlossen. „Da ändert sich überhaupt nichts“, sagte Merkel am Sonntagabend ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz. Sie wies daraufhin, dass schon die Rente mit 67 für viele Menschen „eine große Herausforderung“sei. Daher gebe es zur Rente mit 70 von ihr „ein ganz klares Nein“.
Schulz hatte Merkel zuvor Forderungen von Unionspolitikern vorgehalten, das Renteneintrittsalter weiter auf bis zu 70 Jahre zu erhöhen. Er begrüßte, dass die Kanzlerin sich nun in diesem Punkt festgelegt und damit „die sozialdemokratische Position übernommen“habe. Er äußerte allerdings Zweifel, ob Merkel nicht – ähnlich wie bei der von ihr 2013 zunächst abgelehnten Pkw-Maut – letztlich doch einer Rente mit 70 zustimmen werde.
Das Duell wurde von den vier Sendern ARD, ZDF, RTL und Sat.1 veranstaltet und ausgestrahlt. Es wurde erwartet, dass bis zu 20 Millionen Zuschauer den Schlagabtausch verfolgen. Das TV-Duell gilt als Höhepunkt des bisher eher müde verlaufenden Wahlkampfs. Die SPD erhofft sich davon eine Trendwende in der Wählergunst – seit Wochen liegt die Partei von Schulz in den Umfragen weit hinter der Union.
Im Konflikt mit der Türkei sprach sich Schulz für einen Stopp der EUBeitrittsverhandlungen mit Ankara aus. „Wenn ich Kanzler werde, werde ich die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union abbrechen.“Die Kanzlerin erklärte daraufhin, sie werde mit ihren EU-Kollegen sprechen, „ob wir zu einer gemeinsamen Position kommen können und die Beitrittsverhandlungen auch beenden können“. Gegenüber Präsident Recep Tayyip Erdogan sei „klare Kante“gefordert, fügte Merkel hinzu.
Der SPD-Kanzlerkandidat relativierte zum Auftakt seinen Vorwurf, Merkel unternehme mit ihrer inhaltsarmen Politik einen „Anschlag auf die Demokratie“. Dies sei eine „harte und zugespitzte Formulierung“beim SPD-Parteitag gewesen, die er so nicht noch mal sagen würde. Er bekräftigte aber, Merkel scheue die Kontroverse, was den rechten Rand stärke.