Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kim Jong-un lässt die Erde erzittern
Nordkoreas Staatsfernsehen vermeldet Zündung einer Wasserstoffbombe – USA erwägen totalen Handelsstopp
TOKIO - Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Sonntag, 11.30 Uhr nordkoreanischer Ortszeit, wurde ein massives Erdbeben und kurz darauf ein zweites registriert. Die Epizentren lagen im nordöstlichen Bezirk Kilju, wo sich in einem verlassenen Bergwerk das Atomtestgelände Punggye-ri des nordkoreanischen Militärs befindet.
Nach längerer Abwesenheit ging am Sonntag dann die prominente TV-Sprecherin Ri Chun-hee wieder einmal auf Sendung, um mit markant bebender Stimme den „vollkommenen Erfolg“eines Wasserstoffbombentests Nordkoreas bekannt zu geben. Der Test habe „klar bewiesen“, dass die Nuklearwaffen ihres Landes „höchst präzise“seien. Die mehr als 70 Jahre alte Ri kommt nur noch bei besonderen Ereignissen zum Zug.
Zunächst war allgemein ein heftiges Erdbeben vermutet worden. Die chinesische Erdbebenwarte berichtete von Stößen mit einer Stärke von 6,3 auf der Richterskala. Danach habe es noch ein zweites Beben mit der Stärke 4,6 gegeben. Auch seismische Institute in den USA, Japan und Südkorea bestätigten die Erschütterungen. Austretende Radioaktivität ist bislang noch nicht gemessen worden.
Sechster Test seit 2006
Obwohl unterirdische Atomtests außerhalb der nordkoreanischen Propaganda nur schwer nachzuweisen sind, muss davon ausgegangen werden, dass Diktator Kim Jong-un in der Tat einen weiteren, den nunmehr sechsten Atomtest seit 2006 befohlen hat. Bereits im Januar 2016 hatte Pjöngjang erklärt, erstmals erfolgreich eine hoch komplizierte Wasserstoffbombe getestet zu haben
Premierminister Shinzo Abe und US-Präsident Donald Trump vereinbarten bei einem Telefongespräch erneut, den Druck auf Pjöngjang zu erhöhen. Die USA erwägen „zusätzlich zu anderen Optionen“einen totalen Handelsstopp mit allen Ländern, die Geschäfte mit Nordkorea betreiben. Er nannte den Test „sehr feindlich und gefährlich“für die USA. Pjöngjang sei eine „große Bedrohung und Peinlichkeit“auch für China. US-Verteidigungsminister James Mattis sagte, „Washington werde jede Bedrohung seines Territoriums oder seiner Verbündeten durch Nordkorea mit einer „massiven militärischen Reaktion“beantworten.
Trump werde noch am Sonntag mit dem Nationalen Sicherheitsrat zusammenkommen, teilte das Weiße Haus mit. Der UN-Sicherheitsrat tritt am Montag zu einer Sondersitzung zusammen, um über eine Reaktion zu beraten. Das Treffen finde auf Antrag der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Japans und Südkoreas statt, erklärten Diplomaten.
Nordkorea hat sich auch bei seinem letzten Verbündeten in der Region weiterer Kritik ausgesetzt. Das Pekinger Außenministerium erklärte seine „entschiedene Ablehnung und scharfe Verurteilung“. Das russische Außenministerium sprach von einer Gefahr für den Frieden im gesamten Fernen Osten.
Nach einem Telefonat haben auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron den neuen Atomtest „aufs Schärfste“verurteilt. Beide seien sich darin einig gewesen, „dass Nordkorea das internationale Recht mit Füßen tritt und dass daher die Staatengemeinschaft auf diese erneute Eskalation geschlossen und entschieden reagieren muss“, teilte das Bundespresseamt am Sonntag mit.
Diese neuerliche Eskalation der Nordkorea-Krise überschattete auch den am Sonntag in der südostchinesischen Stadt Xiamen beginnenden jährlichen Gipfel der sogenannten Brics-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Südkoreas Präsident Moon Jae-in verlangte nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates die „schärfste Bestrafung“für Nordkorea.