Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Isco entzaubert den Ewigen
Fiesta in Spanien, Frösteln in Italien – Squadra Azzurra droht Quali-Debakel
MADRID (SID/dpa) - Durch die Demütigung im 170. Länderspiel sah man Gianluigi Buffon seine fast 40 Jahre plötzlich auch an. Die Stirn in tiefe Falten gelegt trottete die Torwart-Ikone der italienischen Nationalmannschaft nach dem ebenso verdienten wie erschütternden 0:3 (0:2) in Madrid gegen Spanien in die Kabine.
Buffon bangt um seine sechste und letzte WM-Teilnahme, Italien kann sein Ticket für die Endrunde 2018 in Russland wohl nur noch über die Play-off-Runde buchen und könnte erstmals seit 1958 einer WMEndrunde fernbleiben. Im Land des viermaligen Weltmeisters ist also Endzeitstimmung angesagt. Und plötzlich bröckelt sogar das Denkmal Buffon. „Die Zeit rennt Buffon davon. Die Reaktionsfähigkeit ist nicht auf höchstem Niveau. Gigi ist nicht mehr super. Schlechter Abend oder Niedergang?“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“und gab dem Torhüter die schlechteste Note aller gegen Spanien eingesetzten Spieler.
Einen groben Fehler konnte man Europas Rekordnationalspieler, dem „ewigen Buffon“, zwar nicht anlasten, allerdings wurde bei den ersten beiden Gegentreffern von Real-Profi Isco (14. und 40.) deutlich, dass dem 39-Jährigen etwas die Sprungkraft abgeht. Aber die Angriffe wurden auch schlecht verteidigt, vor allem der für 42 Millionen Euro zum AC Milan gewechselte Leonardo Bonucci war gedanklich und körperlich für die flinken Spanier viel zu langsam.
„Bonucci zeigt mit Überheblichkeit das Schlimmste von sich“, kritisierte die „Gazzetta“. Buffon versuchte, seine Mitspieler vor dem Heimspiel gegen Israel am Dienstag wachzurütteln: „Spanien war wesentlich stärker als wir. Wir hoffen, mit harter Arbeit auf Spaniens Niveau aufzurücken. Unser Ziel ist die WM-Qualifikation, und die können wir noch schaffen.“
Doch schon vor den letzten drei Gruppenspielen in der Qualifikation haben die Tifosi die Hoffnungen auf das Direkt-Ticket aufgegeben, zu ernüchternd war die Niederlage im Bernabeu-Stadion. „Wir sind menschlich, die Spanier sind es weniger“, erklärte Trainer Giampiero Ventura auf eher seltsame Weise die wohl entscheidende Pleite. Platz eins in Gruppe G scheint bei nun drei Punkten Vorsprung an Spanien vergeben. Die Iberer können sich dank der deutlich besseren Tordifferenz in den drei Partien in Liechtenstein und Israel sowie daheim gegen Albanien sogar eine Niederlage leisten.
Und die Spanier feierten eine Fútbol-Fiesta wie in besten Zeiten. „Dieses Team macht mehr Spaß als Disneyworld!“, schrie ein TV-Kommentator ins Mikro. Nach den Pleiten bei der WM 2014 und der EM 2016, bei der man im Achtelfinale an Italien gescheitert war, sehen viele wieder ein Team, das an die Triumphe bei der WM 2010 sowie bei den Europameisterschaften 2008 und 2012 anknüpfen kann. Seit 60 Partien ist „La Roja“nun in der WM-Qualifikation unbezwungen.
„Heute hat alles geklappt“, sagte der als „Magier“umjubelte Isco von Real Madrid nach seinem Galaauftritt. Die Party war perfekt, als Spaniens Rekordtorschütze David Villa für den Doppel-Torschützen eingewechselt wurde (88.) und nach gut drei Jahren Pause mit 35 sein Comeback gab. Die knapp 77 000 Fans feierten ihn stürmisch. „Nicht einmal im Traum hätte es so schön sein können“, sagte der Mann von New York City FC. Das dritte Tor erzielte Alvaro Morata (77.). Trainer Julen Lopetegui, sonst mit Lob zurückhaltend, räumte ein: „Perfektion existiert nicht. Aber heute waren wir nahe dran.“