Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ich bin regelmäßig überrascht über die aberwitzigen Filme“
Mira Heist und Lea Baum vom „Abgedreht“-Festival plaudern aus dem Nähkästchen
BAIENFURT - Das Filmfestival „Abgedreht“geht dieses Jahr in die 13. Runde. Junge Leute können Filmbeiträge einreichen, die Organisatorinnen bieten auch Workshops für Schulklassen an. Preisverleihung ist am 20. Oktober im Hoftheater. Im Interview mit Katrin Neef erzählen Mira Heist, Erzieherin und Studentin der Sozialen Arbeit, und Lea Baum, Jugend- und Heimerzieherin, von der pädagogischen Arbeit im Rahmen des Festivals. Beide sind von Anfang an bei „abgedreht“dabei und sitzen oft in der Jury.
Das „Abgedreht“-Festival bietet auch Workshops für Schulklassen an. Wie laufen diese ab?
Lea Baum: Die Lehrer bereiten ihre Schüler auf den Workshop vor, indem sie das Thema des Festivals bearbeiten, und dabei entwickelt die Klasse gemeinsam Ideen für einen Film. Mira Heist: Wir stellen dann einen Referenten, der bei einem zweitägigen Workshop mit den Schülern gemeinsam einen Film dreht. Equipment, Drehbuch, Einstellungen, Schnitt – Es geht darum, wie man eine Geschichte filmisch umsetzt, worauf man achten muss.
Was könnten Lehrer aus Ihrer Sicht aus diesen Workshops für ihre Klassen mitnehmen?
Lea: Dass es wichtig ist, Lernfelder zu schaffen, die nicht unbedingt vor einem schulischen Hintergrund stattfinden. Während des Filmdrehs kann die Klasse und jeder Einzelne viel lernen, den Zusammenhalt und das Selbstbewusstsein stärken. Mira: Lehrer arbeiten mit ihren Schülern gemeinsam an etwas, was vielleicht für alle neu ist. Es lockert den Schulalltag auf und ist eine Möglichkeit, die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern zu verbessern.
Was können die Schüler beim Filmemachen lernen?
Lea: Die Schüler lernen, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen und dabei den Blickwinkel auf sich selbst und andere zu verändern. „Wie wirkt mein Verhalten, wie komme ich an?“Durch Feedback der anderen und das Arbeiten im Team wächst der Zusammenhalt in der Gruppe. Mira: Wir möchten auch, dass sich Jugendliche darüber bewusst sind, was es bedeutet, Dinge aufzunehmen und dann eventuell zu verschicken oder anderen zu zeigen. Was steckt dahinter? Ist es immer nur das, was man vordergründig sieht?
Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Lehrern und Schülern?
Mira: Oft euphorische und erstaunte. Es kommt fast immer besser an, als Lehrer und Schüler dachten. Wenn man dann mal angefangen hat, packt es einen. Die Schüler kommen mit immer neuen Ideen und sind mit Spaß dabei. Wir hatten schon Teilnehmer, die durch einen Workshop oder eine AG in der Schule auf den Geschmack gekommen sind und dann immer wieder mitgemacht haben.
Lea: Für den Zusammenhalt der Klasse ist der Workshop sehr positiv. Kommende Herausforderungen können gemeinsam als Gruppe besser gemeistert werden. Die Schüler sehen den Workshop als etwas Ungewöhnliches an. Der Schulalltag wird als interessanter angesehen, und neue Lernfelder werden geschaffen.
Das „Abgedreht“-Festival gibt es seit 13 Jahren. Was macht es aus Ihrer Sicht bis heute spannend?
Lea: Dass es jedes Jahr ein neues Thema gibt, zu welchem die Filme eingereicht werden. Damit sind die Teilnehmer jedes Jahr aufs Neue aufgefordert, kreativ zu werden und um die Ecke zu denken. Außerdem spricht jedes Thema neue Typen von Filmemachern an.
Mira: Es wird so oft über die Jugend von heute geschimpft. Aber vielleicht muss man auch jeder Generation mal die Zügel überlassen, die machen das dann schon richtig. Ich bin regelmäßig überrascht, erstaunt und völlig baff, was unsere Teilnehmer für aberwitzige Filme einreichen. Da sind Sichtweisen, Ideen, Interpretationen und Umsetzungen dabei – unglaublich.
Was war das Lustigste/Spannendste, das Sie bisher im Rahmen des Festivals erlebt haben?
Mira: Spannend ist auf jeden Fall zu sehen, wie dieses Festival wächst. Die Entwicklung, die Neuerungen, Ansprüche etc. Wir wissen selbst nicht, wo es uns hinführt, aber es macht unglaublich viel Spaß, Teil dieses Projekts zu sein.
Lea: Für mich sind die Begegnungen mit den Stargästen jedes Jahr ein besonderes Highlight des Festivals.