Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Dualen Hochschule fehlt es an Platz und Geld
Studenten und Betriebe fit für die Digitalisierung machen – „Pflegewissenschaften“als neuer Studiengang
RAVENSBURG - Sie wächst und wächst, und nächstes Jahr wird auch am Standort Ravensburg (mit Außenstelle Friedrichshafen) der 40. Geburtstag gefeiert. Trotzdem ist bei der Dualen Hochschule BadenWürttemberg vor Ort nicht alles eitel Sonnenschein: Rektor Herbert Dreher bräuchte nicht nur drei bis vier Millionen Euro mehr Mittel, sondern auch rund 3000 Quadratmeter mehr Platz.
„Wir sind seit Jahren unterfinanziert“, bedauert Dreher. Und wünscht sich, dass die DHBW – die freilich erst 2009 den Status als Hochschule erhielt – mit Musikhochschulen und Kunstakademien gleichgestellt wird und ebenso viel Geld bekommt. „Schließlich haben wir einen speziellen Bildungsauftrag mit hohem gesellschaftlichem Mehrwert“, sagt Dreher. Und meint damit die für die einstige Berufsakademie charakteristische Verzahnung von Studium einerseits und „anwendungsbezogenem Lernen in der Arbeitswelt“andererseits.
Weil sowohl Jugendliche als auch Unternehmen die spezielle Kombination des dreijährigen Bachelor-Studiums schätzen, boomt der Laden: Nachdem die Studentenzahlen sich zwischen 2000 und 2016 verdoppelt haben, liegen sie momentan bei knapp 3700. Im vergangenen Herbst haben 1298 junge Leute an der DHBW Ravensburg angefangen, fürs kommende Semester erwartet Dreher sogar 1350 Neustarter. Wobei der Run auf die in Ravensburg angesiedelten Studiengänge Wirtschaftsinformatik und Mediendesign besonders groß ist – hier kann die DHBW gar nicht alle Anwärter aufnehmen.
Am Standort Friedrichshafen sind die Studienplätze in den Bereichen IT, Maschinenbau sowie Luftund Raumfahrt am begehrtesten. Was momentan schwächelt, sind die Bank- und Finanzdienstleistungen. Dafür, hebt Dreher hervor, führen 80 bis 85 Prozent der DHBWler ihr Studium auch tatsächlich zu Ende – eine Quote, die weit über derjenigen von Unis mit oft zahlreichen Studienabbrechern liege. Der Rektor versteht die DHBW nicht nur als „regionalen Impulsgeber“, sondern will auch auf den Bedarf der hiesigen Unternehmen reagieren. Daher stellt er gerade für ein Gesamtkonzept zur Verstärkung der gesundheitswissenschaftlichen Ausrichtung erste Ideen für einen neuen Studiengang „Pflegewissenschaften“auf die Beine. Wer das studiert, könnte parallel dazu beim ZfP Weißenau, den Zieglerschen oder der Stiftung Liebenau arbeiten. Dreher hofft auf das Okay des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums. Die Chancen stünden gut, da das Ministerium generell sein Augenmerk darauf lege, die Akademisierung im Gesundheitsbereich voranzutreiben, so der Rektor.
Da die DHBW sich darüber hinaus auf die Fahnen geschrieben hat, (möglichst schnell) auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren, steht die Digitalisierung ganz oben auf der aktuellen Agenda: „Hier gibt es bei den Firmen in der Region einen gigantischen Fortbildungsbedarf“, weiß Dreher. In Sachen ITKnow-how sollen nicht nur an der DHBW mit dem entsprechenden Handwerkszeug ausgestatteten Studenten „ihren“Betrieben auf die Sprünge helfen – zu diesem Thema bietet die DHBW auch viele Weiterbildungen an.
Allerdings fehlt das Geld für Dinge wie beispielsweise die Umsetzung einer von Wirtschaftsinformatikstudenten entwickelten App, für mehr Sportkurse, Gruppenarbeitsräume, das Campus-Radio oder Angebote in Business-Englisch. Die Vermittlung von Dingen wie Konfliktbewältigung oder Sozialkompetenz droht ebenfalls auf der Strecke zu bleiben. Mit der Folge, dass „viele Studenten vor allem in ihre Rechner reinschauen“, wie Dreher bedauert.
Zehn Prozent der rund 360 000 Studenten in Baden-Württemberg studieren an einem der neun DHBW-Standorte. Wer sich im kommenden Herbstsemester für einen Studienplatz in Ravensburg oder Friedrichshafen bewerben möchte, hat bis Ende September durchaus noch eine Chance – denn viele Bewerber, die sich im Vorjahr einen Platz gesichert hatten, sind inzwischen wieder abgesprungen. Im Video erläutert Herbert Dreher, Rektor der DHBW Ravensburg-Friedrichshafen, wie es am Standort läuft, wo’s klemmt und was er sich für die Zukunft wünscht. Zu sehen unter