Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kaliforniens Gouverneur mahnt mehr Klimaschutz an
Jerry Brown zu Besuch im Stuttgarter Landtag – Abkommen zwischen Südwesten und US-Bundesstaat populär
STUTTGART - Auf dem Weg zur UNKlimakonferenz in Bonn hat der Gouverneur von Kalifornien, Edmund Gerald Brown, genannt Jerry, einen Stopp in Stuttgart eingelegt. In einer Rede vor dem Landtag am Mittwochmorgen rief er dazu auf, die CO2-Emissionen noch konsequenter als bisher zu reduzieren. „Wir müssen die Welt aufwecken“, appellierte er an die Zuhörer. Brown lobte zugleich das Abkommen zum Klimaschutz, das sein Bundesstaat und Baden-Württemberg begründet haben und das viele weitere Regionen auf der Welt bereits unterstützen.
Manche Beobachter bezeichnen den Demokraten Jerry Brown als den Anti-Trump. Während Präsident Donald Trump die USA als einziges Land aus dem Pariser Klimaschutzabkommen führt, erhöht Brown seine Anstrengungen, den CO2-Ausstoß in absehbarer Zeit auf null zu senken. Das können auch kleinere Einheiten anstreben, „dafür braucht es nicht den Nationalstaat“, sagte er.
Den Beweis ist er vor zwei Jahren mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann angetreten. Bei einer Reise des Landesvaters nach Kalifornien unterzeichnete er gemeinsam mit Brown das Klimaschutzbündnis Under2-MoU. Die beiden Länder verpflichteten sich darin, den Ausstoß von Treibhausgasen ihrer Bevölkerung auf zwei Tonnen pro Kopf und Jahr zu begrenzen. Außerdem bekannten sie sich dazu, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. „Seit ich das unterzeichnet habe, frage ich mich: Wo ist dieses BadenWürttemberg?“, scherzte Brown im Stuttgarter Landtag. „Jetzt weiß ich, dass es real ist.“
Applaus für den Umweltminister
Brown spendete dem baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) Applaus dafür, dass er 2015 die Under2-Koalition angestoßen hat. Inzwischen haben sich rund 200 Regionen aus 40 Staaten dieser Klimaschutz-Allianz angeschlossen, die gemeinsam 1,2 Milliarden Menschen und rund 40 Prozent der Weltwirtschaft repräsentieren. Die Ökonomie müsse der Ökologie folgen, nicht umgekehrt, betonte Brown am Mittwoch. Sein Bundesstaat, in dem das Silicon Valley liegt, und Baden-Württemberg mit seiner Wirtschaftsstärke können laut Brown Vorbilder darin sein, dass sich Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg nicht ausschließen.
„Was wir jetzt tun müssen, ist eine Transformation“, erklärte Brown – hin zu einer „Welt ohne Kohlenstoff“. Sein Ziel lautet: Ab 2050 soll der CO2-Ausstoß bei null liegen. Entsprechend konsequent baut der 79Jährige seinen Bundesstaat um – unter anderem durch Regulierungen im Verkehrsbereich, in der Landwirtschaft und beim Bauen. Brown setzt auf erneuerbare Energien. In Kalifornien gibt es fast so viele Solaranlagen wie im Rest der Vereinigten Staaten. Für seinen Kurs findet der Gouverneur viel parteiübergreifende Unterstützung – unter anderem auch von seinem Vorgänger im Amt, dem Republikaner Arnold Schwarzenegger.
Kretschmann nährt Spekulationen
Doch gibt es auch viel Widerstand, weiß Brown – von Teilen der Industrie auf der einen Seite, von Leugnern des von Menschen befeuerten Klimawandels auf der anderen. Zu letzterer Gruppe gehört auch die AfD. So spendeten die Abgeordneten im Plenarsaal dem kalifornischen Politiker als einzige Anwesende keinen Beifall nach dessen Rede.
Kretschmann hingegen macht aus seiner Bewunderung für den zehn Jahre älteren Brown keinen Hehl. „Es hat mich schon beeindruckt, als ich in Kalifornien war und Jerry Brown raumfüllend aufgetreten ist“, sagte er. Damit hat der Ministerpräsident Spekulationen genährt, ob er noch mal zur Landtagswahl 2021 antritt – dann im Alter von 72 Jahren.