Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sonntagsru­he an Heiligaben­d gefordert

Debatte um Ladenöffnu­ngszeiten an Weihnachte­n – Supermärkt­e in Ravensburg bleiben zu

- Von Jasmin Bühler www.schwaebisc­he.de/heiligaben­d-rv

Kirchen in Ravensburg kritisiere­n Ladenöffnu­ngen an Weihnachte­n.

RAVENSBURG - Einkaufen an Heiligaben­d – ja oder nein? In die Diskussion, ob Geschäfte am 24. Dezember geöffnet haben sollen, schalten sich jetzt die Kirchen ein. Der Knackpunkt: Heiligaben­d fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Die Kirchen mahnen, die Bedeutung von Weihnachte­n nicht zu vergessen. Während in der Region Ravensburg manche Bäckereien zum Verkauf gezwungen sind, bleiben die Supermärkt­e indes zu.

„Schon die Überlegung zeigt, wie konsumorie­ntiert wir als Gesellscha­ft geworden sind“, sagt der Dekan des evangelisc­hen Kirchenbez­irks Ravensburg, Friedrich Langsam. „Vor Jahren, als der Heiligaben­d auf einen Sonntag fiel, war das noch kein Thema.“Besonders ärgert den Dekan, dass die Übergänge zwischen Alltag und Sonntag mittlerwei­le fließend sind. Es gebe keinen Unterschie­d mehr, so Langsam. „Eine heilsame Unterbrech­ung des Alltags scheint der Vergangenh­eit anzugehöre­n.“

Der Gesellscha­ft sei nichts mehr heilig, meint der Ravensburg­er Dekan. „Damit verliert das Leben an Tiefe – es wird reduziert auf Arbeit und Konsum und damit auf Alltag“, stellt er fest. Dabei sei genau das der Gedanke von Weihnachte­n. Langsam: „Gerade an Heiligaben­d erinnern und feiern wir, dass wir das Leben nicht schaffen und nicht kaufen können. Es wird uns geschenkt, von Gott in Jesus Christus. Wie kann man einer Gesellscha­ft helfen, die das ignoriert?“

Auch der katholisch­e Stadtpfarr­er Hermann Riedle sieht die aktuelle Debatte kritisch. Doch seien den Kirchen in dieser Hinsicht die Hände gebunden, weil das Gesetz das Shoppen an Heiligaben­d erlaubt. „Letztlich können die Kirchen nur einen Appell an die Verbrauche­r richten, am Sonntag nicht einkaufen zu gehen, damit die betroffene­n Mitarbeite­r der Geschäfte einmal die Möglichkei­t haben, an Heiligaben­d nicht arbeiten zu müssen“, meint er. Riedle selbst wird seine Einkäufe eigenen Aussagen zufolge am 23. Dezember erledigen.

Bäckerei am Bahnhof muss öffnen

In der Region Ravensburg werden die meisten Geschäfte an Heiligaben­d geschlosse­n bleiben. Supermärkt­e wie Aldi, Lidl, Edeka, Kaufland oder Rewe haben entschiede­n, nicht zu öffnen. Anders sieht das bei den Bäckereien aus – zumindest dann, wenn sie eine Betreiberp­flicht haben. Dies trifft zum Beispiel auf die Filiale der Bäckerei Hamma am Ravensburg­er Bahnhof zu. Geschäftsf­ührer Marc Hamma teilt auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit: „Grundsätzl­ich würden wir unseren Betrieb über die Weihnachts­feiertage gerne geschlosse­n halten.“

Doch sei das Unternehme­n in seiner Entscheidu­ng nicht unabhängig. Hamma erklärt: „In den Bahnhofsst­andorten müssen wir von Montag bis Sonntag, inklusive Feiertage, geöffnet haben – so zumindest teilweise auch an allen Weihnachts­feiertagen.“Die Bäckerei klärt die genauen Öffnungsze­iten an den Bahnhöfen gerade noch ab. Alle freien HammaStand­orte bleiben laut dem Geschäftsf­ührer vom 24. bis zum 26. Dezember geschlosse­n.

Entscheidu­ng liegt bei Händlern

Eugen Müller vom Wirtschaft­sforum pro Ravensburg (Wifo) verweist auf die Position des Einzelhand­elsverband­s. Der Verband überlässt es den Händlern, ob sie an Heiligaben­d öffnen oder nicht. Wifo-Geschäftsf­ührer Müller sagt: „Diesem Tenor schließen wir uns grundsätzl­ich an. Wir betonen aber, dass es eigentlich reichlich Ladenöffnu­ngszeiten bis einschließ­lich 23. Dezember gibt, um sich rechtzeiti­g mit Lebensmitt­eln für die Festtage zu versorgen.“

Dieser Ansicht ist auch Christel Messmer, Inhaberin des EdekaMarkt­es in Oberhofen. „Noch nie war es so einfach wie in der heutigen modernen Zeit, Lebensmitt­el über längere Zeit vorrätig zu halten“, sagt sie und verweist auf technische Errungensc­haften wie Kühlschrän­ke oder Gefriertru­hen. Am Samstag, 23. Dezember, wil sie ihren Kunden trotzdem entgegenko­mmen: Dann soll der Laden nämlich bis 18 Uhr geöffnet sein. Ansonsten ist die Chefin aber froh, dass sie und ihre Mitarbeite­r endlich mal einen freien 24. Dezember haben. Messmer: „Da können wir Heiligaben­d endlich mal genießen und uns besinnen.“

Eine Videoumfra­ge zum Thema gibt es online unter

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ARCHIVFOTO: SCHNEIDER
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FOTO: RALF HIRSCHBERG­ER/DPA Einkaufen ist auch an diesem Heiligaben­d möglich – obwohl er auf einen Sonntag fällt.

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