Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
EU weiter uneins über Glyphosat-Lizenz
Die Zukunft des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in Europa bleibt weiter ungewiss. Mitte Dezember läuft die Zulassung für das Mittel aus – es sei denn, die EU-Länder können sich doch noch dazu durchringen, die Lizenz zu verlängern. Am Donnerstag gab es in dem Expertengremium der EU-Länder nicht die nötige Mehrheit für eine Verlängerung der Lizenz, deshalb geht die Sache jetzt in ein Vermittlungsverfahren.
Bei Glyphosat geht es um einen Milliardenmarkt und um die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen. Das Problem: Der Unkrautvernichter ist hoch umstritten. Auf der einen Seite ist das Mittel sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit genutzt. Der US-Chemiekonzern Monsanto, den der deutsche Konkurrent Bayer übernehmen möchte, hatte Glyphosat entwickelt. Vertrieben werden glyphosathaltige Mittel aber inzwischen auch von Dutzenden anderen Herstellern. Glyphosat ist ein sogenanntes TotalHerbizid, das auf sämtliche grüne Pflanzen wirkt. Auf der anderen Seite steht es aber im Verdacht, Krebs zu erregen und die Umwelt zu schädigen.
Nach Angaben des Umweltbundesamtes sinkt mit der vollständigen Vernichtung aller Kräuter und Gräser auf Ackerflächen die Zahl der Pflanzen und damit wiederum die Lebensgrundlage der Insekten und Feldvögel. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat 2015 außerdem als „wahrscheinlich krebserregend“für Menschen ein. Zwar kamen die Lebensmittelbehörden Efsa und die Chemikalienagentur Echa zu dem Ergebnis, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine solche Einstufung nicht ausreichten, dennoch ist das Vertrauen in das Mittel gestört. Zu aller Dramatik kommt noch hinzu, dass Experten davon ausgehen, dass ohne eine weitere GlyphosatZulassung ein Preisanstieg bei Lebensmitteln droht.
Die Brüsseler Behörde hatte ursprünglich eine Verlängerung der Lizenz um zehn Jahre angepeilt. Weil es dafür aber keine Mehrheit gab, hatte sie Abstand davon genommen und nun fünf Jahre vorgeschlagen. Aber auch dieser Vorschlag fand nun nicht die nötige Mehrheit. Deutschland enthielt sich abermals, weil die Regierung bei dem Thema uneins ist. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) stehen sich unversöhnlich gegenüber. Hendricks griff Schmidt jüngst wegen eines angeblich unabgesprochenen Briefs an die EU-Kommission an. Schmidt soll behauptet haben, dass die Bundesregierung für eine Verlängerung der Zulassung um weitere drei Jahre wäre.
Schmidt wehrte sich und sprach sich für eine weitere Nutzung auf wissenschaftlicher Grundlage aus. Er forderte außerdem die Privatanwendung zu verbieten. Zumindest das scheint nicht ganz auf taube Ohren zu stoßen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner begrüßte die Idee – aber nur wenn es keine Wiederzulassung mehr gebe und Landwirte in der Nutzung deutlich eingeschränkt würden.