Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Spacey aus Film geschnitten
Konsequenz aus Vorwürfen der sexuellen Belästigung – Christopher Plummer übernimmt Rolle
LOS ANGELES (AFP/dpa) - Nach den schweren Belästigungsvorwürfen gegen Kevin Spacey wird der Hollywoodstar aus einem fast fertigen Film von Starregisseur Ridley Scott („Blade Runner“, „Alien“) herausgeschnitten – und das nur sechs Wochen vor dem geplanten Kinostart in den USA. Fertige Szenen des Entführungsdramas „Alles Geld dieser Welt“werden mit Schauspieler Christopher Plummer (87) neu gedreht, wie die Produktionsfirma Sony mitteilte.
Die Entscheidung gilt als äußerst ungewöhnlich und wird zu erheblichen Extrakosten zusätzlich zu den bereits ausgegebenen 40 Millionen Dollar führen, da der Film bereits abgedreht war. Auch die Werbung dafür war bereits in vollem Gang. Interviews mit den Darstellern waren bereits vereinbart gewesen.
Der geplante Starttermin am 22. Dezember soll nicht zur Debatte stehen. „Wenn irgendjemand so etwas durchziehen kann, dann Scott“, sagte ein Sony-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, über den hastigen Nachdreh. Spacey sollte in dem Thriller den US-Milliardär J. Paul Getty spielen, dessen Enkelsohn 1973 entführt wurde. Nun springt der Kanadier Plummer ein. In Deutschland soll der Film kommendes Jahr in die Kinos kommen.
Sony Pictures hatte den Film bereits aus einem Filmfestival in Los Angeles zurückgezogen, wollte den Kinostart aber durchziehen, berichtete die „New York Times“. Regisseur Scott habe dann den Nachdreh mit Schauspieler Plummer vorgeschlagen. „Es gibt mehr als 800 andere Schauspieler, Schreiber, Künstler, Handwerker und Crew, die unermüdlich und ethisch korrekt an diesem Film gearbeitet haben“, teilte Sony Pictures mit. „Es wäre sehr unfair, sie alle zu bestrafen wegen des Fehlverhaltens eines Nebendarstellers in dem Film.“
Schluss mit „House of Cards“
Mehrere Männer beschuldigen Spacey, sie sexuell belästigt zu haben. Zuletzt hatte die Ex-Fernsehmoderatorin Heather Unruh dem Oscarpreisträger vorgeworfen, im Sommer 2016 ihren 18-jährigen Sohn auf der Insel Nantucket in Massachusetts belästigt zu haben. Der 58-Jährige habe ihrem Sohn in einer Bar ein Getränk nach dem anderen bestellt, um ihn betrunken zu machen, und ihm dann die Hand in die Hose gesteckt, berichtete Unruh am Mittwoch in Boston an der Seite ihres Anwalts.
Wegen der Belästigungsvorwürfe hatte vergangene Woche bereits der Streamingdienst Netflix die Zusammenarbeit mit Spacey aufgekündigt und die Dreharbeiten zur sechsten Staffel der Erfolgsserie „House of Cards“gestoppt.