Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pädagogische Hochschule bald führungslos?
Rektor Knapps Entscheidung gegen erneute Kandidatur könnte katastrophale Folgen haben
WEINGARTEN - Die Nachricht kam dann doch sehr überraschend. Der amtierende Rektor der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH), Werner Knapp, zieht seine Kandidatur für eine weitere Amtsperiode zurück. Über seine Beweggründe wollte Knapp am Tag danach keine Auskunft geben. Dafür gibt Hermann Reichold, Vorsitzender des Hochschulrates, der das Wahlverfahren leitet, tiefgreifende Einblicke. So könnte sich die ohnehin schon instabile Situation der PH noch weiter zuspitzen. Denn die Wahl der verbliebenen Kandidatin am kommenden Dienstag, 14. November, ist keineswegs gewiss.
Da der Posten des Kanzlers aktuell unbesetzt ist und die beiden Prorektoren ihren Verbleib wohl an die Person von Werner Knapp geknüpft haben, könnte die PH schon bald ohne Führung dastehen. „Es besteht die große Gefahr, dass wir zu einer führungslosen Hochschule werden könnten. Beide Prorektoren haben gesagt, dass sie nur weitermachen, wenn Knapp gewählt wird“, sagt Reichold.
Wiederwahl unsicher
Doch dieser hat es sich mit seiner Kandidatur in den vergangenen Wochen wohl anders überlegt. Noch im September hatte er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“eindeutig erklärt, dass er wieder kandidieren wolle und dafür gar seine Pensionierung, die für Februar 2019 ansteht, hinausschieben würde. So wurde auch Reichold von Knapps Entscheidung überrascht. Diese fußt, so vermutetet Reichold, vor allem auf der Sorge vor Reputationsverlust. „Wir haben den Eindruck, dass er sich nicht sicher ist, ob er eine Mehrheit bekommt, und sich insbesondere vom Senat, vielleicht auch in Teilen vom Hochschulrat, nicht uneingeschränkt gestützt fühlt“, sagt Reichold.
„Er hat einen guten Job gemacht“
Als Rektor habe Knapp auch immer wieder „unangenehme Wahrheiten“verkünden müssen und sich damit nicht nur Freunde gemacht. Wahrscheinlich habe Knapp sich in den vergangenen Wochen umgehört und daraus den Schluss gezogen, dass seine Wiederwahl nicht sicher sei, vermutet Reichold. Als verdienter Rektor und amtierender Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz aller Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg wolle er das Risiko einer gescheiterten Wiederwahl wahrscheinlich nicht eingehen. „In dieser Position möchte man sicher nicht gerne abgewählt werden“, sagt Reichold, der die Verdienste Knapps – besonders im Bereich der inneren Verwaltung der PH – würdigt. „Er hat einen guten Job gemacht“, sagt der Hochschulratsvorsitzende.
Doch das wird wohl – zumindest in Teilen – vom Senat anders gesehen. In Weingarten sei dieses Gremium schon immer für Überraschungen gut gewesen, so Reichold. Es gäbe keine klaren Abstimmungsstrategien und manch einem Senatsmitglied sei in der Vergangenheit nicht immer bewusst gewesen, dass eine Enthaltung de facto wie eine Gegenstimme wirke. „Solche Geschichten sind in Weingarten immer wieder passiert“, sagt Reichold.
Bewerberin kommt aus München
Daher darf man auch gespannt sein, wie Hochschulrat und Senat am kommenden Dienstag entscheiden. Dann wird sich die einzig verbliebene Kandidatin, Manuela Pietrass von der Bundeswehr-Universität München, den beiden Gremien vorstellen. Doch nur weil sie die einzig verbliebene zugelassene Kandidatin ist, sichert ihr das nicht automatisch die Wahl. „Die Gefahr besteht. Man kann keineswegs davon ausgehen, dass diese Kandidatin durchgeht“, sagt Reichold, der auch durchblicken lässt, dass es im Vorfeld nur wenige qualifizierte Bewerber gab. „Im nicht allzu breiten Feld von kompetenten Bewerbern war sie die Beste“, sagt er.
Zu wenig Zeit
Sollte Pietrass nicht gewählt werden, droht der PH ein Horrorszenario. Denn dann müsste der Posten des Rektors neu ausgeschrieben werden. Bewerbungs-, Auswahl und Nominierungsverfahren würden wieder jede Menge Zeit in Anspruch nehmen. Doch die hat die Pädagogische Hochschule eigentlich nicht. Werner Knapps Amtszeit endet am 8. Februar 2018. Da der Posten des Kanzlers nach dem Ausscheiden von Gregor Kutsch, der das Land Baden-Württemberg verklagt (die SZ berichtete), aktuell noch unbesetzt ist, könnte die PH bald komplett ohne Führungsriege dastehen. Denn laut Reichold sollen die beiden Prorektoren Karin Schweizer und Florian Theilmann ihre Zukunft an den Verbleib Knapps als Rektor geknüpft haben.
Sollte es zum extremsten aller Fälle kommen, hat Knapp Reichhold allerdings bereits signalisiert, dass er die PH nicht im Stich lassen würde und für eine Übergangszeit zur Verfügung stünde. „Er wird keine verbrannte Erde hinterlassen“, sagt Reichhold.