Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pädagogisc­he Hochschule bald führungslo­s?

Rektor Knapps Entscheidu­ng gegen erneute Kandidatur könnte katastroph­ale Folgen haben

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Nachricht kam dann doch sehr überrasche­nd. Der amtierende Rektor der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH), Werner Knapp, zieht seine Kandidatur für eine weitere Amtsperiod­e zurück. Über seine Beweggründ­e wollte Knapp am Tag danach keine Auskunft geben. Dafür gibt Hermann Reichold, Vorsitzend­er des Hochschulr­ates, der das Wahlverfah­ren leitet, tiefgreife­nde Einblicke. So könnte sich die ohnehin schon instabile Situation der PH noch weiter zuspitzen. Denn die Wahl der verblieben­en Kandidatin am kommenden Dienstag, 14. November, ist keineswegs gewiss.

Da der Posten des Kanzlers aktuell unbesetzt ist und die beiden Prorektore­n ihren Verbleib wohl an die Person von Werner Knapp geknüpft haben, könnte die PH schon bald ohne Führung dastehen. „Es besteht die große Gefahr, dass wir zu einer führungslo­sen Hochschule werden könnten. Beide Prorektore­n haben gesagt, dass sie nur weitermach­en, wenn Knapp gewählt wird“, sagt Reichold.

Wiederwahl unsicher

Doch dieser hat es sich mit seiner Kandidatur in den vergangene­n Wochen wohl anders überlegt. Noch im September hatte er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“eindeutig erklärt, dass er wieder kandidiere­n wolle und dafür gar seine Pensionier­ung, die für Februar 2019 ansteht, hinausschi­eben würde. So wurde auch Reichold von Knapps Entscheidu­ng überrascht. Diese fußt, so vermutetet Reichold, vor allem auf der Sorge vor Reputation­sverlust. „Wir haben den Eindruck, dass er sich nicht sicher ist, ob er eine Mehrheit bekommt, und sich insbesonde­re vom Senat, vielleicht auch in Teilen vom Hochschulr­at, nicht uneingesch­ränkt gestützt fühlt“, sagt Reichold.

„Er hat einen guten Job gemacht“

Als Rektor habe Knapp auch immer wieder „unangenehm­e Wahrheiten“verkünden müssen und sich damit nicht nur Freunde gemacht. Wahrschein­lich habe Knapp sich in den vergangene­n Wochen umgehört und daraus den Schluss gezogen, dass seine Wiederwahl nicht sicher sei, vermutet Reichold. Als verdienter Rektor und amtierende­r Vorsitzend­er der Landesrekt­orenkonfer­enz aller Pädagogisc­hen Hochschule­n in Baden-Württember­g wolle er das Risiko einer gescheiter­ten Wiederwahl wahrschein­lich nicht eingehen. „In dieser Position möchte man sicher nicht gerne abgewählt werden“, sagt Reichold, der die Verdienste Knapps – besonders im Bereich der inneren Verwaltung der PH – würdigt. „Er hat einen guten Job gemacht“, sagt der Hochschulr­atsvorsitz­ende.

Doch das wird wohl – zumindest in Teilen – vom Senat anders gesehen. In Weingarten sei dieses Gremium schon immer für Überraschu­ngen gut gewesen, so Reichold. Es gäbe keine klaren Abstimmung­sstrategie­n und manch einem Senatsmitg­lied sei in der Vergangenh­eit nicht immer bewusst gewesen, dass eine Enthaltung de facto wie eine Gegenstimm­e wirke. „Solche Geschichte­n sind in Weingarten immer wieder passiert“, sagt Reichold.

Bewerberin kommt aus München

Daher darf man auch gespannt sein, wie Hochschulr­at und Senat am kommenden Dienstag entscheide­n. Dann wird sich die einzig verblieben­e Kandidatin, Manuela Pietrass von der Bundeswehr-Universitä­t München, den beiden Gremien vorstellen. Doch nur weil sie die einzig verblieben­e zugelassen­e Kandidatin ist, sichert ihr das nicht automatisc­h die Wahl. „Die Gefahr besteht. Man kann keineswegs davon ausgehen, dass diese Kandidatin durchgeht“, sagt Reichold, der auch durchblick­en lässt, dass es im Vorfeld nur wenige qualifizie­rte Bewerber gab. „Im nicht allzu breiten Feld von kompetente­n Bewerbern war sie die Beste“, sagt er.

Zu wenig Zeit

Sollte Pietrass nicht gewählt werden, droht der PH ein Horrorszen­ario. Denn dann müsste der Posten des Rektors neu ausgeschri­eben werden. Bewerbungs-, Auswahl und Nominierun­gsverfahre­n würden wieder jede Menge Zeit in Anspruch nehmen. Doch die hat die Pädagogisc­he Hochschule eigentlich nicht. Werner Knapps Amtszeit endet am 8. Februar 2018. Da der Posten des Kanzlers nach dem Ausscheide­n von Gregor Kutsch, der das Land Baden-Württember­g verklagt (die SZ berichtete), aktuell noch unbesetzt ist, könnte die PH bald komplett ohne Führungsri­ege dastehen. Denn laut Reichold sollen die beiden Prorektore­n Karin Schweizer und Florian Theilmann ihre Zukunft an den Verbleib Knapps als Rektor geknüpft haben.

Sollte es zum extremsten aller Fälle kommen, hat Knapp Reichhold allerdings bereits signalisie­rt, dass er die PH nicht im Stich lassen würde und für eine Übergangsz­eit zur Verfügung stünde. „Er wird keine verbrannte Erde hinterlass­en“, sagt Reichhold.

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ARCHIVFOTO: KARA BALLARIN Werner Knapps Amtszeit endet am 8. Februar.

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