Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Barocke Fülle aus dem Nähkästchen
Museum für Klosterkultur zeigt Handarbeiten seines Gründers Jürgen Hohl
WEINGARTEN - Eine facettenreiche Auswahl von Jürgen Hohls textilen Handarbeiten, nach dem Vorbild von Klosterarbeiten aus der Zeit des Barock, liefert die aktuelle Sonderausstellung, die heute Abend im Museum für Klosterkultur eröffnet wird. Sie zeigt Reproduktionen von Andachtsbildern über Krippenfiguren bis zu Fatschenkindern aus über 30 Jahren Hohl’scher Nähwerkstatt, zu denen der Weingartner Brauchtumsexperte auch Geschichten in barocker Fülle zu erzählen weiß.
Jürgen Hohl ist ein Multitalent, ob Textilrestaurator oder Trachten- und Kostümdesigner. Die 12. Sonderausstellung im Museum für Klosterkultur widmet sich nun seinem Lebenswerk in Sachen Klosterarbeiten. Sie zeigt Handarbeiten des Weingartner Brauchtumsexperten, die er in den letzten Jahrzehnten geschaffen hat. Vorbilder sind die Klosterarbeiten, wie sie zumeist in Frauenklöstern im 18. Jahrhundert entstanden waren – von Andachtsbildern über Krippenfiguren bis zu Fatschenjesulein.
Dabei arbeitet der 73-Jährige bis heute an seiner bald 70 Jahre alten, fußgetriebenen Pfaff-Nähmaschine. Von seiner Mutter Rosl inspiriert, die einen Hutsalon in Weingarten betrieb, erlernte auch der Sohn das Modistenhandwerk. So richtig Fahrt auf nahmen seine Klosterarbeiten in den Achtzigerjahren. Zu der Zeit funktionierte Hohl den Pfarrhof in Eggmannsried zu einem Kulturzentrum um, wo er und seine Mistreiter Kurse in Sachen Klosterarbeiten anboten.
Eigens zur Vernissage heute Abend wird Helga Heckelsmüller aus Memmingen anreisen. Mit ihr gab es den ersten Workshop zur Fertigung von Andachtsbildern. Dieses Muster, ein Agnus-Dei-Bild, ist genauso Teil der Ausstellung wie viele der 85 weiteren Prototypen, die aus der Eggmannsrieder Schule hervorgegangen sind. Darunter sind viele Heiligblut-Bilder, die Jürgen Hohl zeitlebens begleiten. Die Techniken dabei sind Sticken oder Karton mit Draht umwickeln, um ihn anschließend auf die Bilder nach barocken Vorgaben zu applizieren. Drapier-, Krüll-, Stoffklebebilder von Heiligen zeugen von Jürgen Hohls Leidenschaft für barocke Klosterkultur.
Im Zentrum der Ausstellung steht seine große Krippe, die sich an der berühmten Gutenzeller BarockKrippe orientiert. Mit alten, aus dem 18. Jahrhundert stammenden Stoffen bekleidete Hohl Maria und Josef aufs Prächtigste. „Barock ist immer Fülle“, sagt er. Die Wachsköpfe stammen im Übrigen von Gundi Asanger. Mit der Wachsmodelliererin hat Hohl auch berühmte Fatschenjesulein restauriert und reproduziert. Wie sein „Münchner Kindl“, das er aus Dank über seine geglückte Lebertransplantation Mitte der Neunzigerjahre gestiftet hat und das in der Bürgersaalkirche in Bayerns Hauptstadt zu sehen ist. Eine von vielen Geschichten, die aus Jürgen Hohl zu jedem Exponat nur so hervorsprudeln.
Die Ausstellung wird heute Abend eröffnet und läuft bis 25. Februar im Museum für Klosterkultur in der Heinrich-Schatz-Straße 20.