Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lindauer Therme: OB und Ex-OB giften sich an
Wegen Verzögerungen und drohender Mehrkosten kommt es im Bäderausschuss zu einem Schlagabtausch
LINDAU (dik) - Oberbürgermeister Gerhard Ecker und sein Vorvorgänger Jürgen Müller haben sich am Dienstagabend im Bäderausschuss angegiftet. Gegenseitig warfen sie sich Gesetzesverstöße vor und dass der jeweils andere zum Schaden der Stadt handele. Anlass waren die laufenden Abbrucharbeiten im Eichwald sowie zu erwartende Mehrkosten bei Bau der neuen Therme.
Müller nutzte den Statusbericht von Bäderchef Florian Schneider, um über den Abriss des alten Bades zu schimpfen. Bereits vor der Sitzung hatte er in einer E-Mail, die er auch an die Lindauer Zeitung geschickt hat, nicht nur verschiedene Fragen zu den Abbrucharbeiten und der Baugenehmigung gestellt, sondern hat den Verantwortlichen Gesetzesverstöße vorgeworfen. Seiner Meinung nach sei es „strafrechtlich relevant, mit den Abbrucharbeiten zu beginnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau der Therme noch nicht gesichert sind“.
Das wiesen Ecker und Schneider abends zurück. Schneider verwies darauf, dass das Landratsamt am 8. Juni eine Genehmigung zum Abriss des alten Bades erteilt habe. Allerdings habe man alle Arbeiten für die Therme eingestellt, nachdem die Bürgerinitiative die Unterschriften für das Bürgerbegehren eingereicht habe. Über den Winter holen Stadt und Generalunternehmer Andreas Schauer den Abbruch jetzt nach.
Müller wiederholte daraufhin seinen Vorwurf, dass ein Abriss nicht rechtens sei, bevor eine Baugenehmigung vorliegt. Zwar hätten die Lindauer mit großer Mehrheit für das neue Bad gestimmt und die Ratsmehrheit gehen von einem Neubau aus, „aber was ist, wenn die Therme doch nicht kommt?“, fragte Müller. Immerhin sei es möglich, dass die Regierung von Schwaben den Flächennutzungsplan nicht genehmigt oder dass eine Klage die Baugenehmigung aufhebt. Er halte den Abriss deshalb für „skandalös“: „Hier wird mutwillig dem Gemeinwohl dienendes öffentliches Eigentum vernichtet, das im Fall des Scheitern des Projektes Therme kostspielig wieder hergestellt werden muss“, hatte er bereits in seiner Mail geschrieben. Abends fügte er hinzu: „Es wird darauf hin gearbeitet, dass ein Naturbad kommt.“
Daraufhin platzte OB Ecker der Kragen: „Wenn hier jemand in der Stadt für Schäden sorgt, Kollege Müller ...“, dann seien das dessen Klagen, Aufsichtsbeschwerden und ähnliches Vorgehen, das Zeit und Geld koste: „Du verschaffst uns Mehrarbeit und Mehrkosten – es reicht!“Und verboten sei nicht das Vorgehen der Stadt, sondern „unwahre Behauptungen, die Du in die Welt setzst“. In Lindau gebe es unter den Bürgern und im Stadtrat eine große Mehrheit für die Therme. Deshalb könnten alle Manöver das neue Bad verzögern und damit teurer machen: „Du versuchst zwar alles, das zu verhindern, aber wir werden dieses Bad bauen.“Das wies Müller wiederum als „dreiste Lüge“zurück. Zugleich räumte er mehrfache Kontaktaufnahme zur Rechtsaufsicht ein: Dies sei sein gutes Recht. wenn er Zweifel am Vorgehen der Stadtspitze habe. „So lasse ich mich als Stadtrat nicht behandeln.“Dabei bekam er Rückendeckung von Alexander Kiss (BL).
Schneider erklärte, dass der Abbruch Teil des Vertragswerks mit dem Generalunternehmer ist. Schneider erläuterte zudem nochmal den Zeitablauf: Wegen des Bürgerentscheids habe die Verwaltung vor den Sommerferien weder den Abriss noch die Arbeiten am Bebauungsplan fertigstellen dürfen. Deshalb sei der Baubeginn im Herbst nicht möglich. Weil die Bauarbeiten vom Wasserstand des Sees abhängen, müsse man das Projekt nicht nur um ein paar Monate, sondern um ein ganzes Jahr verschieben.
Hinzu kommt, dass die Regierung von Schwaben rechtlich drei Monate Zeit hat, um den geänderten Flächennutzungsplan zu bearbeiten, die zuständige Mitarbeiter sei zunächst aber vier Wochen lang nicht im Büro gewesen, wie OB Ecker ergänzte. Die Stadt erwarte aber fristgerecht die Genehmigung. Eile herrsche wegen der Verzögerung nicht, so dass der Stadtrat sich nochmal mit dem Bebauungsplan befassen werde, um jegliche Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
Dass die Verzögerung Mehrkosten mit sich bringen wird, darin waren sich Ecker und Müller mit anderen Rednern einig. Ob das wirklich sechs Millionen Euro sind, wie Schauer in einem Gespräch mit der Lindauer Zeitung gesagt hat, das wisse die Stadt nicht, erwiderte Ecker. Denn Schauer habe diese Zahl zwar auch Schneider gegenüber gesagt, bisher aber die nötigen offiziellen Unterlagen nicht eingereicht. Wenn diese vorliegen, werde man sich damit in der Verwaltung und dann auch im Stadtrat befassen. Kiss äußerte Zweifel, dass dies die volle Wahrheit ist: „Der Herr Schneider weiß mehr, als er hier sagt.“