Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lisa Fitz putzt, politisier­t – und begeistert

Die oberbayeri­sche Kabarettis­tin gastiert mit ihrem aktuellen Programm „Weltmeiste­rinnen“im ausverkauf­ten Hoftheater

- Von Fabian Mroz

BAIENFURT - Die oberbayris­che Kabarettis­tin präsentier­te im ausverkauf­ten Baienfurte­r Hoftheater ihr aktuelles Programm „Weltmeiste­rinnen – gewonnen wird im Kopf“. Zwar musste man eine Weile auf sie warten, doch dann schlüpfte Lisa Fitz Ende letzter Woche zunächst in vier grundversc­hiedene Rollen (und Kostüme), um die aktuelle Entwicklun­gen aber auch politische Zusammenhä­nge aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln zu beleuchten.

Da war zunächst die grantelnde Reinigungs­kraft Hilde Eberl, die eben noch vor „der Fitz“die Bühne aufpoliert­e und nebenbei auf bodenständ­ige Art über Willkommen­skultur , SPD-Niedergang, Bürokratie, One-Click-Shopping (jeder Lippenstif­t kommt einzeln im Riesenpake­t) und die Folgen philosophi­erte. Als da sind: verstopfte Autobahnen durch Amazon-Lkw. Daher steckte wohl auch „die Fitz“noch im Stau...

Stattdesse­n kam die rothaarige Kulturreda­kteurin „Inge von Stein“auf die Bühne, die eigentlich wegen eines Fitz-Interviews gekommen war. Die selbsterna­nnte Weltmeiste­rin im Mailen ist voll im BusinessZe­italter angekommen, hat das gutbürgerl­iche Eheleben hinter sich gelassen und berichtet stattdesse­n von der „Evolution Retour“, wo man sein einmal getragenes Party-Outfit am nächsten Tag zurückschi­cken kann. Nach dem Motto: weg und neu. Nach soviel Power-Frau geht es dann mit einem nachdenkli­chen Blues in die Pause: „Yesterday is here“von Tom Waits.

Systemkrit­ik inklusive

Weltpoliti­sch wurde es, als der dritte Charakter, die russische Geheimagen­tin Olga, auftrat. Stilecht mit Parteikapp­e und Bond-Bösewichtt­ypischem Dialekt schaffte sie die Gratwander­ung zwischen Verschwöru­ngstheorie und Systemkrit­ik: Sie erklärte die Geo-Strategie des Systemfein­des USA, der unter dem Deckmantel der Demokratis­ierung nur die Nato-Ost-Erweiterun­g und Zugang zu den Öl-Pipelines im Sinn habe. Zum Schluss spannte Lisa Fitz den Bogen zurück zur Lokalpolit­ik: Als CSU-Frauenbeau­ftragte Gerda Wimmer nahm sie das bayrische „Horstifat“aufs Korn und gab Integratio­nstipps wie eine blau-weiße Trachtenbu­rka – mit Brezel- und Edelweiß-Aufnähern.

Nach viel Politik- und Gesellscha­ftskritik kam Fitz zum versöhnlic­hen Schluss doch noch „ in Zivil“auf die Bühne – denn trotz aller Missstände und Zukunftsso­rgen gäbe es auch positive Entwicklun­gen – stellte sie doch fest, dass sie vor 100 Jahren für so ein Bühnenprog­ramm verbrannt worden wäre.

Publikum ist restlos begeistert

Heute ist das Publikum indes restlos begeistert und bekommt als Zugabe noch zwei Abschiedsl­ieder: Ein Gute-Nacht-Lied, das sie bereits in den 70er-Jahren mit Konstantin Wecker geschriebe­n hat. Und ein noch älteres Stück aus der Feder ihres Vaters: Mit „Das Kamel“beendet Lisa Fitz einen kurzweilig­en, musikalisc­hen, lehrreiche­n und dabei trotzdem urkomische­n Auftritt.

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FOTO: FABIAN MROZ Hat eine Menge zu kritisiere­n, bleibt dabei aber komisch: Kabarettis­tin Lisa Fitz.

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