Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Matthäus hofft auf Heynckes-Verbleib
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus rät dem FC Bayern, mit dem Trainer ein Gespräch wegen einer Vertragsverlängerung zu suchen
MÜNCHEN (sz) - Fußball-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus würde sich ein Engagement von Trainer Jupp Heynckes bei Bayern München über die Saison hinaus wünschen. „Unter ihm hat Bayern plötzlich wieder verlernt, Punkte herzugeben. Ich sehe aktuell keinen besseren Trainer auf dem Markt, nicht den perfekten Nachfolger, weder Thomas Tuchel noch Julian Nagelsmann, für den der Job bei Bayern in seinen jungen Jahren noch zu früh wäre“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“.
MÜNCHEN - Sein Flug nach München hatte Verspätung. Lothar Matthäus, ein überpünktlicher Mensch, nahm das nicht so gelassen, schimpfte zunächst ein wenig auf die Fluggesellschaft, war dann aber schnell wieder bei sich. Und im Thema. In allen Themen. Bei einer Medienrunde, initiiert von TV-Sender Sky, wo der Rekordnationalspieler als Experte tätig ist, sprach Matthäus über ...
Bayerns „Trainer-Entdeckung“Jupp Heynckes:
„Nach dem Motto ,back to the roots’ – da kann man den Verantwortlichen nur gratulieren. Unter ihm hat Bayern plötzlich wieder verlernt, Punkte herzugeben. Jupp arbeitet wie vor 20 oder 30 Jahren, als ich unter ihm gespielt habe. Er hat eine klare Linie, ist immer offen und ehrlich zu den Spielern, die Balance in der Mannschaft stimmt wieder. Jupp zieht konsequent sein System durch, lässt die einzelnen Spieler dort spielen, wo sie stark sind. Es gibt keine Grüppchen mehr im Kader. Sechs Punkte Vorsprung vor Leipzig, der FC Bayern ist gefühlt schon wieder Meister. Aus Sicht der Bundesliga und der Fans, die sich Spannung erhofft haben: Leider!“
Ein mögliches Bleiben von Heynckes über 2018 hinaus:
„Das ist nicht auszuschließen. Wenn er weiter Erfolg und Spaß hat, wird man mit ihm reden müssen – vielleicht sagt er dann ,Ja’. Ich sehe aktuell keinen besseren Trainer auf dem Markt, nicht den perfekten Nachfolger, weder Thomas Tuchel noch Julian Nagelsmann, für den der Job bei Bayern in seinen jungen Jahren noch zu früh wäre. Die Bayern sollten am besten im ersten Quartal 2018 mit Jupp reden, Uli Hoeneß (FCB-Präsident, die Red.) sollte das Gespräch führen. In der aktuellen Konstellation ist es die beste Lösung. Aber nur Jupp kann entscheiden, ob er dann doch länger bleiben möchte.“
Bayerns wahrscheinlichen Winter-Einkauf Sandro Wagner:
„Er ist eine große Nummer, ein deutscher Nationalspieler, der bei Jogi Löw vielleicht sogar Mario Gomez verdrängt. Wenn man ihn holt, hat man in München für die nächsten drei Jahre auf der Mittelstürmer-Position den Kopf frei, sollte Robert Lewandowski, für mich der beste Neuner der Welt, etwas passieren. 20 Millionen Euro Ablöse werden die Bayern für Wagner schon zahlen müssen. Aber er hat Persönlichkeit, zeigt Selbstvertrauen, ist ein robuster, kopfballstarker Wandspieler, ein ganz anderer Typ als Lewandowski mit anderen Qualitäten. Ich hätte nicht gerne gegen Wagner gespielt. Und wenn es bei einem Rückstand mal nötig ist, kann Bayern auch mit zwei Stürmern vorne drin spielen.“
die Saison des VfB Stuttgart:
„Sie haben zu Hause viele Punkte geholt, auswärts noch kaum etwas. Von daher wissen sie, was ihnen noch fehlt. Ich denke nicht, dass sie einen einstelligen Tabellenplatz erreichen können, auch nicht müssen. Sie wollen nicht bis zum letzten Spieltag zittern, nicht gegen den Abstieg spielen. Den Kader haben sie gut zusammengestellt, haben mit Badstuber, Aogo und Beck erfahrene Leute geholt. Man will dort über die nächsten Jahre etwas aufbauen. Trainer Hannes Wolf macht seinen Job gut, kann sich aber auch erst bewähren, wenn der VfB international wieder mitspielt, um sich dann für andere Aufgaben zu profilieren.“
die Situation beim BVB:
„Es gibt dort zu viele Baustellen, allein am Trainer, an Peter Bosz, kann es nicht liegen. Ich habe ihn immer verteidigt. Man hat in Dortmund den Fehler gemacht, dass man nicht schon am Anfang der Saison den Finger in die Wunde gelegt hat, als es wunderbar lief, aber Schwächen in der De- fensive schon zu erkennen waren. Für mich fehlen den Dortmundern die Leader-Typen auf dem Platz. Spieler, die in der Krise vorangehen. Ich sehe keine. Zu den letzten Negativ-Erlebnissen und schlechten Ergebnissen kommen nun auch Undiszipliniertheiten, siehe der Fall Pierre-Emerick Aubameyang. Bei einer Niederlage kommendes Wochenende zu Hause im Derby gegen Schalke gäbe es noch mehr Druck, von den Fans und auf die Verantwortlichen, die Entscheidungsträger.“