Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zukunft der Auslandsei­nsätze ist ungewiss

Der Bundestag entscheide­t über die Verlängeru­ng von sieben Bundeswehr­missionen

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BERLIN (dpa) - Auch wenn das Scheitern der Jamaika-Gespräche nun über der ganzen Sitzungswo­che schwebt: Wenn der neue Bundestag heute und am Mittwoch zum ersten Mal richtig mit der parlamenta­rischen Arbeit loslegt, geht es vor allem um die Bundeswehr im Ausland. Sieben Missionen sollen verlängert werden – jeweils aber nur für drei Monate. Eigentlich eine reine Formsache – doch wie es dann weitergeht, ist ungewiss. Nico Poitner beantworte­t die wichtigste­n Fragen dazu.

Um welche sieben Bundeswehr­einsätze geht es?

Um die wichtigste­n, gefährlich­sten und größten der Bundeswehr – etwa die Friedensmi­ssion in Mali, den Ausbildung­seinsatz in Afghanista­n oder die Beteiligun­g am Kampf gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“in Syrien und im Irak. Die Einsätze werden bei Verbündete­n oft als Beweis angeführt, dass Deutschlan­d auch militärisc­h zu mehr Verantwort­ung in der Welt bereit ist. Die Bundesregi­erung will sie nun bis zum Frühjahr verlängern.

Was machen die deutschen Soldaten in diesen Missionen genau?

In Mali hilft die Bundeswehr mit rund 950 Soldaten bei der Umsetzung eines Friedensab­kommens. Der verlustrei­chste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr in Afghanista­n läuft bereits seit 16 Jahren, inzwischen nur noch als Ausbildung­smission. Aber die Nato will wegen der verheerend­en Sicherheit­slage wieder mehr Truppen an den Hindukusch schicken. In Syrien und im Irak beteiligt sich die Bundeswehr mit Tornado-Aufklärung­sflugzeuge­n und einem Tankflugze­ug an den Luftangrif­fen auf IS-Stellungen.

Wieso werden die Einsätze nur für so kurze Zeit verlängert?

Die Regierungs­bildung macht es möglich: Die Mandate der sieben Einsätze laufen demnächst aus. Die Drei-Monats-Verlängeru­ng hat eine aufschiebe­nde Wirkung. Die Zeit bis zur Regierungs­bildung soll damit überbrückt und außenpolit­ische Kontinuitä­t gewährleis­tet werden. Am Kern der Einsätze ändert sich erst einmal nichts. Im Frühjahr soll sich der Bundestag dann über die eigentlich­e Verlängeru­ng – in der Regel um ein Jahr – und mögliche Änderungen bei Truppenstä­rke oder Auftrag entscheide­n. So lautet zumindest der Plan. Wann nach dem Scheitern von Jamaika nun eine Regierung steht, die sich wieder ausgiebig mit den Einsätzen befassen kann, und ob die Einsätze bis dahin gar erneut für einen kurzen Zeitraum verlängert werden müssen, ist unklar.

Wird der Bundestag die Einsätze diese Woche verlängern?

Das gilt als sicher, auch wenn hitzig debattiert werden dürfte. An den alten Regierungs­parteien sollte es nicht scheitern. Die Union steht fest zu den Missionen. Und auch die SPD hat in der vergangene­n Legislatur­periode allen 13 Einsätzen zugestimmt, die zu Zeiten der Großen Koalition mandatiert wurden. Und über den Kern der Einsätze soll ja dann erst im Frühjahr abgestimmt werden. Im März muss der Bundestag nach dem jetzigen Zeitplan über fünf Einsätze entscheide­n, über die anderen beiden im Mai und Juni.

Wie geht es dann weiter?

Das ist ungewiss. Das Thema der Auslandsei­nsätze ist stets heikel, weil im Bundestag über jeden bewaffnete­n Bundeswehr­einsatz namentlich abgestimmt wird. Kompromiss­e sind zudem schwierig, weil man Ziele und Regeln der internatio­nalen Einsätze nicht eigenständ­ig ändern kann. Die Zukunft der Einsätze lässt sich kaum in einem Koalitions­vertrag festzurren – denn der Bundestag muss immer wieder neu entscheide­n. Die größte außenpolit­ische Stabilität für die Bundeswehr­einsätze würde derzeit die Fortführun­g der Große Koalition bieten, der sich die SPD aber bislang verweigert. Die Frage der Missionen zeigt auch, wie riskant eine unionsgefü­hrte Minderheit­sregierung wäre: Die Einsätze müssten dann auch mit den Stimmen der Opposition mandatiert werden. Und die Konsequenz­en von Neuwahlen sind völlig unklar.

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FOTO: DPA In Mali hilft die Bundeswehr mit rund 950 Soldaten bei der Umsetzung eines Friedensab­kommens. Auch über diese Auslandsmi­ssion entscheide­t das Parlament in dieser Woche.

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