Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Katrin Altpeter zieht sich aus Aufklärungsprozess zurück
Trotz Querelen soll die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals weitergehen und der Zeitplan eingehalten werden
WILHELMSDORF (sz/ric) - Neue Aufregung im Aufklärungsprozess des Missbrauchsskandals in der Evangelischen Brürdergemeinde in Korntal: In einem kurzfristig anberaumten Treffen der Auftraggebergruppe wurde klar, dass Katrin Altpeter, ehemalige Sozialministerin von Baden-Württemberg, ihre Bereitschaft in der Vergabekommission mitzuwirken, zurückzieht. Ein weiteres Mitglied, Helmut Elsässer, Theologe und Psychotherapeut, hatte mitgeteilt, dass seine Mitarbeit noch ungewiss und von einer Reihe noch zu klärender Fragen abhängig sei. Das schreiben die Moderatoren Gerd Bauz und Elisabeth Rohr.
Wie bereits mehrfach berichtet, sollen in den Kinderheimen der Brüdergemeinde Korntal Kinder in den 1960er- und 1970er-Jahren physischer, psychischer und sexueller Gewalt erfahren haben. Das wurde 2014 erstmals öffentlich, als das ehemalige Heimkind Detlev Zander seine Geschichte öffentlich gemacht hatte. Ein Tatort soll auch das ehemalige Ferienlager am Lengenweiler See in Wilhelmsdorf gewesen sein.
Altpeter, so heißt es in der Pressemitteilung, habe sich nicht ausreichend informiert gefühlt und sei über die internen Konflikte zwischen den Opfergruppen befremdet. „Im Gespräch wurde vonseiten der Betroffenen betont, dass ehemalige Heimkinder aufgrund ihrer Erfahrungen unter einem massiven Vertrauensverlust zu leiden haben und dass daraus zwangsläufig Konflikte entstehen und dies selbstredend auch für die Auftraggebergruppe gelte und dies nichts Ungewöhnliches sei“, heißt es.
Die Zweifel von Elsässer bezogen sich laut Presseerklärung auf inhaltliche Aspekte der Vergabe finanzieller Anerkennungsleistungen. „Er konnte sich – und das wurde erst in diesem Gespräch deutlich – als Theologe und Psychotherapeut mit einem zentralen Punkt nicht anfreunden. Während die Betroffenen ausnahmslos eine nach der Schwere des Leides gestaffelte Auszahlung von Anerkennungsleistungen wünschten, war dies für ihn nicht denkbar. Eine Bewertung des Leides war für ihn unvorstellbar und deshalb schlug er eine pauschale Anerkennungsleistung vor, die für alle gleich sein sollte. Aufgrund dieser Diskrepanz war es ihm nicht möglich, in der geplanten Vergabekommission mitzuarbeiten. Mit Worten des tiefen Bedauerns wurden dann sowohl Frau Altpeter wie auch Herr Elsässer aus der Vergabekommission verabschiedet.“
Im zweiten Teil der Sitzung ging es um einen Konflikt, der auf dem Treffen der Heimkinder Ende Oktober 2017 offen zu Tage getreten war. Hier hatte eine Betroffene und zugleich Mitglied der Auftraggebergruppe eine heftige Kritik am bisherigen Aufklärungsprozess geübt, die von der Mehrheit der Betroffenen in der Auftraggebergruppe als hoch aggressiv, attackierend und inhaltlich vollkommen unbegründet zurückgewiesen wurde. Diese Kritik sei intern zuvor weder formuliert, noch vorgetragen worden.
Die Aufklärungsarbeit von Brigitte Baums-Stammberger und Benno Hafeneger soll allerdings unbeschadet der Verzögerungen und Konflikte und zeitlich im Plan weitergehen.