Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Angst ist wieder da
Terroranschlag in Essen vereitelt – Sicherheitsvorkehrungen auf Weihnachtsmärkten verstärkt
BONN (dpa/KNA) - Ein Jahr nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz rückt die Sicherheit der bundesweit 1500 größeren adventlichen Märkte erneut in den Mittelpunkt. Grund dafür sind Medienberichte, wonach Ermittler bei einer Großrazzia in mehreren Städten am Dienstagmorgen sechs mutmaßliche Mitglieder der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) festgenommen haben, die möglicherweise einen Anschlag auf den Essener Weihnachtsmarkt geplant haben sollen. Die Männer im Alter von 20 bis 28 Jahren sollen einen Anschlag auf ein öffentliches Ziel in Deutschland geplant haben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt mit. Drei der Terrorverdächtigen wurden während der Durchsuchung von acht Wohnungen in Kassel festgenommen, die anderen in Hannover, Essen und Leipzig.
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren die Anschlagspläne noch nicht sehr weit vorangeschritten. Die Männer seien bei Ausspähaktionen beobachtet worden. „Das Sicherheitskonzept hat gegriffen“, sagte der Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft. Angaben über die Dauer der Ermittlungen gab es nicht.
Fotos vom Gebäude gemacht
Der Hessische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise über den geplanten Anschlag auf den Essener Weihnachtsmarkt. Die Stadt Essen hat jedoch keine konkreten Hinweise für ein Anschlagsszenario, wie die Ruhrgebietsstadt unter Berufung auf die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt und die Polizei mitteilte.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“meldete unter Berufung auf Ermittlerkreise, einer der Festgenommenen, ein 20 Jahre alter Asylbewerber, habe vor einiger Zeit mit anderen Personen vor einem Essener Einkaufszentrum Bilder gemacht. Die Männer hätten sich als Architekturstudenten ausgegeben, seien damals aber bereits observiert worden. Die Ermittler seien hellhörig geworden, da es bereits im März eine Anschlagsdrohung auf das Zentrum in der Innenstadt gegeben hatte. Die Ermittler gaben offiziell lediglich bekannt, die Anschlagsplanungen hätten sich gegen ein öffentliches Ziel in Deutschland gerichtet und seien noch nicht abgeschlossen gewesen. Hinweise auf ein konkretes Ziel gebe es noch nicht, sagte Staatsanwalt Christian Hartwig.
Vier der Verdächtigen waren im Dezember 2014 als Asylsuchende nach Deutschland eingereist. Die anderen kamen im August und September 2015. Rund 500 Polizeibeamte waren an den Durchsuchungen beteiligt. Dabei wurden nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Speichermedien wie Mobiltelefone und Laptops sowie Dokumente sichergestellt. Ermittelt wird wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“hatten andere Flüchtlinge die Ermittler auf die Spur der Verdächtigen gebracht. Diese Zeugen hätten angegeben, dass die Männer ISKämpfer in Syrien waren. Die Staatsanwaltschaft bestätigte dies zunächst nicht.
Bundesweit tüfteln die Veranstalter und Behörden an Sicherheitskonzepten wie Barrieren und Betonsperren und stellen mehr Sicherheitsleute und Polizeikräfte ab. So schützen Sperren aus Beton in diesem Jahr erstmals die Weihnachtsmärkte in München. Am Dienstag wurden erste Pflanztröge und andere Sperren an offenen Zufahrten am Marienplatz aufgestellt. Auch Weihnachtsmärkte in anderen Stadtteilen sollen so geschützt werden. In Augsburg hat sich die Stadt unterdessen gegen Betonbarrieren zum Schutz des Weihnachtsmarktes entschieden. Der Christkindlesmarkt auf dem Rathausplatz soll aber durch vier an den Zufahrtswegen geparkte Transporter geschützt werden. Es handele sich um Kleinlaster mit mindestens eineinhalb Tonnen Gewicht von Händlern, die daneben ihre Stände haben, erklärte eine Sprecherin der Stadt.