Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Reformen und Reibung
Liberty Media steuert die Formel 1 jetzt eine Saison
ABU DHABI (SID) - Mit der Übernahme durch Liberty Media ist Bewegung in die Formel 1 gekommen. Viele Ideen der neuen Macher um Geschäftsführer Chase Carey, den früheren Star-Ingenieur Ross Brawn und Marketing-Profi Sean Bratches kommen gut an – doch am Ende der ersten Saison unter neuer Flagge mangelt es auch nicht an Reibungspunkten. Die Bilanz vor dem Großen Preis von Abu Dhabi am Sonntag (14 Uhr/RTL, Sky):
Am 23. Januar 2017 segnete der Automobil-Weltverband FIA die vier Milliarden Euro schwere Übernahme der Formel 1 durch den US-Unterhaltungskonzern ab. Am selben Tag setzten die neuen Bosse den langjährigen Promoter Bernie Ecclestone vor die Tür. „Wenn du dir ein neues Auto kaufst“, sagte der Brite knapp, „willst du es auch steuern.“
Liberty Media dachte von Beginn an groß: Jeder Grand Prix sollte wie der Super Bowl sein, ein für sich stehendes Mega-Event. Bislang haben viele kleine Maßnahmen Wirkung gezeigt. So dürfen Teams und Piloten nun an der Strecke Videoclips produzieren oder live streamen. Zudem ist die Formel 1 im Wachstumsmarkt eSports mit einer Wettkampfserie dabei. An den Strecken wurden die Fanzonen ausgeweitet, die Fahrer kommen durch ein Spalier ins Paddock.
Besonders beim Großen Preis der USA mussten die neuen Macher aber auch Kritik einstecken: Die Fahrervorstellung durch Box-Ansager Michael Buffer gefiel nicht jedem. In Austin wurde auch das Qualifying nach hinten verlegt, damit mehr Fans das anschließende Konzert von Justin Timberlake besuchen. Der Sport stehe nicht mehr im Mittelpunkt, lautete der Hauptvorwurf.
Geht es nach Liberty Media und der FIA, hat das Wettrüsten bald ein Ende. Die Motoren sollen von 2021 an lauter und technisch simpler werden, dazu sollen die „Big Four“Mercedes, Ferrari, Red Bull und Renault durch eine Kostendeckelung in ihren Möglichkeiten begrenzt werden.
Der Anfang: Show: Zu viel Show? Ausrichtung:
Carey strebt an, „dass alle eine Chance haben“. Am lautesten protestierte Sergio Marchionne – der Ferrari-Boss drohte gar mit Ausstieg. Ein Angleichen der Wagen? Weniger Motoren pro Saison? Das stößt auch Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda auf: „Die DNA der Formel 1 ist das Gegenteil. Die Entwicklung der Autos ist ein Grundpfeiler.“Liberty muss also einen Spagat schaffen: Einerseits neue Teams und Hersteller anlocken, zugleich die Zugpferde halten.
Mittelfristig bis zu 25 Rennen, nach Möglichkeit in Weltmetropolen – für Liberty ist beim Rennkalender noch Luft nach oben.
Unter Liberty Media, selbst mit dem Unterhaltungsriesen Discovery verbandelt, geht der Trend hin zu mehr Exklusivität für das Pay-TV. In Großbritannien wird von 2019 an nur noch der Heim-Grand-Prix frei empfangbar sein. Deutschland ist für die Fans noch das Schlaraffenland, RTL und Sky (Pay-TV) halten seit mehr als 20 Jahren die Rechte für alle Rennen. Die Verträge allerdings laufen aus ...
Expansion: TV:
Weltmeister Lewis Hamilton (England) hat im Freitagstraining in Abu Dhabi die Topzeit gesetzt. Der Mercedes-Pilot war bei seiner besten Runde (1:37,877 Minuten) 0,149 Sekunden schneller als Sebastian Vettel (Heppenheim/Ferrari).