Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
EBZ-Gruppe rüstet Ausbildungszentrum auf
Der Ravensburger Anlagenbauer wächst und ist in Sachen Digitalisierung gut aufgestellt
RAVENSBURG - Dem Ravensburger Werkzeug- und Anlagenbauer EBZ geht es gut: Das Unternehmen wächst jedes Jahr um sechs bis acht Prozent, insbesondere der asiatische und der nordamerikanische Markt legen nach wie vor zu. Auch vor Ort stehen die Zeichen auf Ausdehnung. Eben hat die EBZ-Gruppe für eine halbe Million Euro ihr Ausbildungszentrum in der Ravensburger Bleicherstraße erweitert. Und dass man Ende 2016 das ehemalige Voith-Gelände gekauft hat, erwies sich als goldrichtig.
„Das war ein Glücksfall“, sagt Markus Müller. Und Geschäftsführer-Kollege Thomas Bausch ergänzt: „Der Kauf war wichtig für uns – es hatte großen Charme, dass das Areal nur einen Steinwurf entfernt ist.“Inzwischen belegt EBZ sämtliche ehemaligen Montagehallen von Voith – mithin 24 000 Quadratmeter Fläche – mit Anlagenbau. Auch Planung, Konstruktion und Simulation sowie der Modellbau sind nach nebenan gezogen – fast 300 der insgesamt 800 Ravensburger EBZMitarbeiter schaffen mittlerweile auf dem ehemaligen Voith-Gelände. „Wir haben in den letzten drei Jahren wahnsinnig viel in Gebäude, Pressen und Maschinen investiert“, bilanziert Bausch.
Unter anderem in den Ausbau des Ausbildungszentrums: Die Werkstätten wurden vergrößert und technisch aufgerüstet, denn auch EBZ bekommt seit gut einem Jahr den Fachkräftemangel zu spüren. Weil ältere Fachleute langsam in den Ruhestand gehen, fehlen neben Werkzeugmachern insbesondere Mechatroniker – sprich „Leute, die mechanische Bauteile mit Intelligenz versehen, aber nur ganz schwer zu kriegen sind“, wie Personalchef Frank Valtin weiß. Daher macht EBZ nun aus der Not eine Tugend und bildet seit diesem Herbst selbst Mechatroniker aus. Möglich machen das ein dritter Ausbildungsmeister, eine hochmoderne Fräsmaschine inklusive Roboter sowie ein nagelneues Labor, in dem die Lehrlinge sich dreieinhalb Jahre lang in Elektro- und Steuerungstechnik fit machen können. 25 von ihnen werden jedes Jahr fertig und dann auch übernommen, wie Valtin betont.
In Sachen Digitalisierung sieht man sich bei der EBZ-Gruppe ohnehin schon seit fünf Jahren gut aufgestellt. So nehme man etwa im Anlagenbau alles virtuell in Betrieb – und zwar nicht etwa zu Simulationszwecken, wie Bausch betont: „Das ist bei uns der reale Prozess.“Weiterer Baustein: Der Umstand, dass man sich mit einer virtuellen Brille durch Anlagen bewegen kann, helfe, etwaige Fehler noch vor dem Bau zu erkennen und zu beheben. Warum das Schlagwort „Industrie 4.0“(die Verschmelzung von IT und Fertigungstechnik) für die EBZler kein Fremdwort ist, erklärt Müller so: „Wir machen keine Serienproduktion, sondern bauen Einzelteile – da hat man ohne Innovation gar keine Chance, an Aufträge zu kommen.“
Weil der Kostendruck in der Automobilbranche, der EBZ zuliefert, aber enorm ist, kommt auch das Ravensburger Unternehmen nicht drum herum, möglichst günstig zu agieren. Bausch formuliert es diplomatisch: „Wir müssen uns bei Personal und Einkauf der Ressourcen in den lohnkostengünstigen Ländern in Europa und Asien bedienen.“Will sagen: Produziert werden die Anlagen und Werkzeuge, mit denen dann Karosserieteile gefertigt werden, in Ravensburg, den USA und seit zwei Jahren auch in China – um die dortigen Kunden zu bedienen. Geplant, konstruiert und simuliert (zusammengefasst unter dem Begriff Engineering) wird unter anderem in Ungarn, Polen oder Indien. Ob und falls ja, wie sich der Brexit möglicherweise auf die Geschäfte mit Großbritannien auswirkt, lässt sich laut Bausch noch nicht absehen.
In Bezug auf den Wandel der Autoindustrie hin zu autonomem Fahren bleibt man bei EBZ gelassen: Mit welchem Antrieb ein Wagen unterwegs ist, spielt für die Anlagenbauer nicht die entscheidende Rolle. Denn, so Ausbildungsleiter Wolfgang Glaser: „Eine Karosserie brauchen sie alle.“