Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Fast schon ein kleines Trauma
SC Freiburg hadert nach dem 2:3 von Bremen mit den vielen – oft frühen – Auswärtsgegentoren
BREMEN (dpa/SID) - Nach dem DFBPokal-Aus gegen Werder Bremen hat der SC Freiburg mit einer Fehlentscheidung von Schiedsrichter Winkmann gehadert. Mindestens genauso heftig war zum Jahresabschluss aber die Manöver-, sprich: Selbstkritik der Breisgauer. Die vielen Gegentore in Auswärtsspielen ärgern auf die Dauer nicht nur Trainer Christian Streich. „Wir sind im Moment nicht in der Lage, länger als fünf Minuten ein 0:0 zu halten, das ist eine Katastrophe“, sagte der 52-Jährige nach dem 2:3 (1:2) im Achtelfinale bei Werder Bremen.
Die Auswärtsschwäche plagt Freiburg nicht erst seit dieser Saison, aber in dieser Hinrunde war sie besonders eklatant. In acht von elf Pflichtspielen auf des Gegners Platz (inklusive Europa-League-Qualifikation und Pokal) kassierte der 13. der Fußball-Bundesliga drei oder mehr Tore. „Mit der Quote hast du keine Chance in der Bundesliga, so viele Heimspiele kannst du gar nicht gewinnen, dass du das ausgleichst“, sagte SC-Torjäger Nils Petersen, der gegen seinen ExClub Werder per Foulelfmeter zum zwischenzeitlichen 1:2-Anschluss (28. Minute) getroffen hatte.
Petersen fragte sich deshalb, ob sein Team auswärts anders anfangen sollte: „Vielleicht müssen wir da, wie zu Hause, vorne draufgehen nach dem Motto: ,Schlechter kann es nicht werden.‘“Christian Streich sieht für die vielen und oft frühen Gegentore allerdings keine taktischen Gründe, sondern zu viele „einfache, individuelle Fehler“. Nils Petersen sagte: „Was wir auswärts anbieten, ist oft dürftig. Die frühen Rückstände sind fast schon ein kleines Trauma.“
Werder war durch die Tore von Ishak Belfodil (3. Minute) und Florian Kainz (20.) schon früh mit 2:0 in Führung gegangen, das 3:1 erzielte Philipp Bargfrede (69.). Danach konnte Freiburg durch Yoric Ravet nur noch verkürzen (87.). Bargfredes Treffer allerdings war irregulär. Dass WerderProfi Jérôme Gondorf im Abseits gestanden und aktiv ins Spielgeschehen eingegriffen hatte, „haben alle im Stadion gesehen, dafür brauchen wir keinen Videobeweis“, meinte Christian Streich.
Im Pokal wird der Videoassistent erst vom Viertelfinale an eingesetzt. Schiedsrichter Guido Winkmann, der seinen Assistenten überstimmt hatte, sei „weggeknickt“– so wie seine Mannschaft vor den zwei anderen Gegentoren, schimpfte Streich.
In Bremen machte sich zudem bemerkbar, dass eine wichtige Säule im SC-Mittelfeld fehlte: Der von Rückenschmerzen geplagte Nicolas Höfler ist auf der Position vor der Abwehr nicht zu ersetzen. Außerdem zeigte sich, dass einige Profis des im Abstiegskampf steckenden Clubs noch nicht imstande sind, auf Erstliga-Niveau mitzuhalten. Das galt in Bremen besonders für Vincent Sierro und Bartosz Kapustka, die Christian Streich nach der ersten Hälfte auswechselte.
Suche nach Verstärkungen
Würde nach Florian Niederlechner (Kniescheibenbruch) auch noch Petersen ausfallen, der mit bisher zwölf Pflichtspieltreffern Freiburgs Toptorjäger ist, wäre das nicht zu kompensieren. Die Freiburger suchen daher in der Winterpause vor allem für die Offensive nach Verstärkungen – aber auch auf anderen Positionen. Als Erster wird nun Nicolas Tagliafico vom Club Independiente aus der Nähe von Buenos Aires gehandelt. Der argentinische Nationalspieler wäre eine Alternative als Linksverteidiger. Andererseits wollen die Südbadener ihren großen Kader verkleinern und suchen derzeit offenbar Abnehmer für Profis wie Aleksandar Ignjovski und Onur Bulut.
Trotz des Pokal-Aus: Das Zwischenfazit von SC-Sportvorstand Jochen Saier fällt nach dem BundesligaZwischenspurt mit zuletzt elf Punkten in fünf Spielen positiv aus: „Wenn man auf die Halbserie guckt, kann man zufrieden sein.“Was nichts daran ändere, dass man „in der Rückrunde eine Vollgasveranstaltung brauchen“werde.