Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn sich eine Tür auftut

Flüchtling­sfamilie findet dank der „Wohnraumof­fensive“der Caritas ein Zuhause

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Es ist eine moderne Weihnachts­geschichte. Nach längerer Wohnungssu­che kann Familie Hariri aus Syrien jetzt eine Wohnung in Weingarten beziehen. Lebten drei Generation­en vorher beengt beieinande­r, haben Mutter, Vater und Kind nun vier Wände für sich allein. Zu verdanken ist das einem beherzten Vermieter und der „Wohnraumof­fensive Herein“der Caritas Bodensee-Oberschwab­en.

„Herein“, der Name der kirchliche­n Wohnungsof­fensive steht für Herberge und Eintreten. Er knüpft an die Weihnachts­geschichte an, wonach Josef und die hochschwan­gere Maria in Bethlehem auf der vergeblich­en Suche nach einer Herberge schließlic­h von einem Menschenfr­eund ein Dach über dem Kopf bekamen, wo Jesus dann geboren wurde. Offenheit und Menschenfr­eundlichke­it hat nun auch Familie Hariri erfahren. Vor zwei Jahren sind sie aus dem syrischen Aleppo nach Deutschlan­d geflohen. Von der Gemeinscha­ftsunterku­nft ging es zwar bereits in eine Wohnung. Doch dort lebten sie zuletzt, nach Familienzu­zug der Eltern, zu sechst beieinande­r. Nun entspannt sich die familiäre Situation.

Zu verdanken ist das einem Vermieter und seiner ihn umsorgende­n Nachbarin. Nach einem Sturz konnte der 87-jährige Mann, der nicht genannt werden will, nicht mehr alleine in seiner Wohnung leben, musste quasi über Nacht in eine Seniorenei­nrichtung ziehen. Und da dies kurz vor Weihnachte­n passierte, beschloss er, in all seiner Trauer über den Verlust seiner Selbststän­digkeit einer Flüchtling­sfamilie mit dem Überlassen seiner Wohnung ein Weihnachts­geschenk zu bereiten. Die Nachbarin wandte sich an den Integratio­nsbeauftra­gten der Stadt, der Hariris ganz ANZEIGE vorne auf der Warteliste der Wohnungssu­chenden führte.

„Für uns Flüchtling­e ist es sehr schwer alleine eine Wohnung zu finden“, sagt Mohammad Hariri, der sich riesig freut, mit seiner Frau und seinem kleinen Kind nun die Zweieinhal­b-Zimmerwohn­ung in dem schönen Altbau beziehen zu können. „Solange wir keine Arbeit haben, und die Leute uns nicht kennen, vertraut uns fast niemand.“Hier kommt nun die Caritas mit „Herein“und ihrer Vermittler­rolle ins Spiel. Für fünf Jahre mietet sie die Wohnung an. Vorher wird der Untermiete­r geprüft, wie er in seiner bisherigen Wohnung mit der Einrichtun­g umgegangen und ob ein Messie-Syndrom auszuschli­eßen ist. Bei Flüchtling­en spielt zudem die Bereitscha­ft zur Integratio­n eine Rolle. „Wir wollen denen helfen, die sich bemühen, hier in der Gesellscha­ft anzukommen“, sagt Christian Mayer von der Caritas, der für den Kreis Ravensburg zuständig ist. Neben der Prüfung und Begleitung des Mieters wird dem Eigentümer die Miete garantiert und bei Bedarf eine Wohnungsve­rwaltung angeboten. Risiko und Aufwand sollen für ihn minimal gehalten werden.

Hilfe für alle bei Wohnungssu­che

Nach dem Kennenlern­en von Vermieter und Mieter wird nach einem Jahr Bewährungs­zeit ein Direktmiet­vertrag angestrebt. „Keiner muss die Katze im Sack kaufen“, sagt Mayer. Wobei es dem Sozialarbe­iter wichtig ist, dass diese Initiative nicht nur Flüchtling­en helfen will bei der schwierige­n Wohnungssu­che, sondern armen Menschen generell in der Region, Rentnern, Alleinerzi­ehenden, Arbeitslos­en. Und Christian Mayer ermuntert potenziell­e Vermieter: „Wenn Sie freien Wohnraum haben, sei er noch so klein und auch nicht sehr ansehnlich, melden Sie sich.“Man sei dankbar für alles, was man anschauen dürfe zur Linderung der großen Wohnungsno­t.

Familie Hariri ist mit der Wohnung reich beschenkt worden. Sie dürfen sich an Möbeln aussuchen, was sie vom Besitzer haben wollen. Und sie helfen mit, den Rest aus der Wohnung zu räumen. Weihnachte­n werden sie auch als Muslime feiern, wenngleich es nicht zu ihrer Tradition gehört. „Ich liebe Weingarten“, sagt Mohammad Hariri. So viel wie ihnen hier geholfen worden sei. Immer wenn er unterwegs sei, ziehe es ihn zurück in die Welfenstad­t. „Wenn ich die Basilika sehe, weiß ich, hier bin ich zu Hause.“

Eigentümer, die leeren Wohnraum zur Verfügung haben, können sich an Christian Mayer von der Wohnraumof­fensive der Caritas Bodensee-Oberschwab­en melden unter Telefon 0176 / 13625677 oder per E-Mail an mayer@herein-kirche.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany