Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Qualität und überreiche Fülle
Frühromantik, Klassik und Spätromantik an Neujahr in Wolfegg
WOLFEGG - Für Neujahr hatte die Solistengemeinschaft der Wolfegger Wintermusik zwei Klavierquartette von Mendelssohn Bartholdy und Beethoven und das Streichsextett GDur op. 36 von Brahms ausgewählt. Es musizierten dieselben Solisten wie am Vortag, und so konnten die Zuhörer in der Alten Pfarr noch einmal das wunderbar stimmige Zusammenspiel der jeweiligen Instrumentenpaare erleben. Gerade wenn ein Solist nach längerer Zeit wieder einmal mitspielt – wie der dänische Cellist Troels Svane, der als Professor an der Musikhochschule Lübeck und an der MHS Hanns Eisler in Berlin wirkt –, ist es nicht gerade selbstverständlich, dass eine persönliche Stimme so individuell wie perfekt das Gesamtgefüge bereichert.
Das 1823 entstandene Klavierquartett F-Moll op. 2 des 14-jährigen Felix Mendelssohn-Bartholdy in vier Sätzen fand in der Besetzung mit Winfried Rademacher, Barbara Doll, Troels Svane und Konrad Elser am Klavier die besten Sachwalter. Beachtlich präsent in der singenden Cellostimme und der kongenialen Bratsche von Barbara Doll, die der Erste Geiger Winfried Rademacher anführte, und verlässlich begleitet und untermalt von Konrad Elser, entwickelten sich das seelenvolle Adagio und ein schwungvolles Intermezzo nach dem ersten Allegro. Mit einem hüpfenden Galopp im Schlussallegro begann die langsame und präzise Entwicklung eines klassischen Themas. Dass diese völlig geglückt war, ließ sich auch an dem befreiten Lächeln der vier Solisten beim Applaus erkennen.
Ludwig van Beethovens Klavierquartett Es-Dur op. 16 aus dem Jahr 1797 war musikalisch ein Sprung in eine andere Epoche: Mit dem Habitus eines gemessenen Schreittanzes begann es mit einem Grave und einer längeren Klavierpassage in Staccato, das Inge-Susann Römhild geradezu vorbildlich exerzierte. Denn dieses Klavierquartett legt ein ganz anderes Gewicht auf das Klavier, dem sich die Streicher oft eher beifügen als dass sie dominierten. Der reine Wohlklang entstand im Andante cantabile mit höchst sensiblen Übergängen zwischen den Streicherpassagen und einem zarten Dahingleiten des Klaviers, bis dann im abschließenden Rondo ein ganz typischer Beethoven – schwungvoll, pointiert und präzis in den Melodiebögen – aufschien. Und dazu wirkte alles ganz leichthändig und unangestrengt.
Die Vollblutmusiker bieten ein Klangbad
Zum Abschluss das G-Dur-Streichsextett op. 36 von Johannes Brahms, 1864 komponiert und in vier Sätzen angelegt. Ein Werk der Spätromantik, dessen komplexe Musikalität und hohe Emotionalität den Hörer das Atmen vergessen lassen und die Ausführenden vor einige Herausforderungen stellt. Aber die sechs Vollblutmusiker meisterten diese mit Bravour und ließen den einzelnen Instrumentenstimmen – spitzen Geigentönen und sonoren Celloklängen sowie den vermittelnden Bratschen – ihren jeweiligen Charakter im gesamten Klanggewebe. So blieb der Eindruck eines Klangbades, dessen Wärme und Faszination sich wohl kaum einer entziehen konnte: heftiger und herzlicher Beifall des begeisterten Publikums.