Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Ich möchte wieder eine Küche von innen sehen“

Familie Groth aus Weingarten sucht seit vielen Jahren nach einer Wohnung

- Von Alena Ehrlich

WEINGARTEN - Seit mehr als zwei Jahren ist Julia Groth nicht mehr in der Küche ihrer Wohnung gewesen. Denn die 27-Jährige ist aufgrund einer Tetraspast­ik gelähmt, sitzt im Rollstuhl und ist pflegebedü­rftig. Gemeinsam mit ihren beiden kleinen Töchtern und ihrer Ehefrau Stephanie Groth lebt Julia Groth seit 2011 in einer Zweizimmer­wohnung in Weingarten. Die sollte zunächst eine Übergangsl­ösung sein – mittlerwei­le ist die Familie seit mehr als sechs Jahren auf Wohnungssu­che.

Die Türen zu eng, der Platz zu knapp, die Feuchtigke­it eines Wasserscha­dens sorgt immer wieder für Schimmel in den Ecken – in ihrer aktuellen Wohnung will Familie Groth auf keinen Fall bleiben. Zu groß ist die Sorge um die Gesundheit der Kinder. Und selbst wenn die Wohnung mängelfrei wäre – für eine vierköpfig­e Familie mit einer Person im Rollstuhl ist einfach nicht genügend Platz. Julia und Stephanie Groth schlafen auf dem Sofa im Wohnzimmer. Dort befindet sich auch das Kinderbett der acht Monate alten Tochter. Das ältere, zweieinhal­bjährige Mädchen schläft im Kinderzimm­er. Das Badezimmer kann Julia Groth mit ihrem Rollstuhl gerade so nutzen, die Küche ist für sie jedoch zu klein.

Oft sind die Wohnungen entweder zu teuer oder nicht barrierefr­ei

„Die meisten Wohnungen sind in einer oberen Etage und haben keinen Fahrstuhl“, berichtet Julia Groth. Monatlich ist der Familie, die von Hartz IV und Grundsiche­rung lebt, eine Kaltmiete von 720 Euro gestattet. „Oft sind die Wohnungen aber viel teurer. Da haben wir nie eine Chance“, sagt JuliaGroth. Ein Wohnberech­tigungssch­ein wurde der Fa- milie bereits ausgestell­t. „Damit dürfen wir auch Sozialwohn­ungen beziehen“, erklärt Stephanie Groth. Diese würden jedoch auch nach Dringlichk­eit vergeben. „Wir wissen nie, wann wir drankommen würden“, sagt Julia Groth.

Auf der Suche nach einer geeigneten Wohnung hat die Familie bereits vieles versucht: Zeitungsan­zeigen und Aufrufe auf Facebook zum Beispiel. Bislang aber ohne Erfolg. „Es gibt einfach kaum Wohnraum, der für uns nutzbar und bezahlbar ist“, erklärt Julia Groth. Menschlich habe die Familie viele positive Reaktionen erfahren. „Es ist nicht so, dass unser Problem niemanden interessie­rt. Ganz viele Leute haben unseren Post auf Facebook geteilt und drücken uns die Daumen“, sagt Julia Groth. Wenn sie anderen erzähle, wie lange sie bereits auf Wohnungssu­che ist, können diese es meist gar nicht glauben. „Manchmal habe ich das Gefühl, wir kommen nie hier raus“, sagt Julia Groth.

Unterstütz­ung bekommt die Familie auch vom Körperbehi­ndertenzen­trum Oberschwab­en (KBZO). Regelmäßig helfe eine Betreuerin zum Beispiel beim Einkaufen. Auch der aktuelle Mietvertra­g der Familie sei auf das KBZO ausgestell­t, berichtet Julia Groth. Falls der Vermieter dies wünsche, sei das auch bei der nächsten Wohnung möglich, ansonsten werde die Miete vom Jobcenter und vom Sozialamt direkt an den Vermieter überwiesen.

Gestattet wird der Familie eine Wohnung von bis zu 100 Quadratmet­ern, die Kaltmiete darf maximal 720 Euro betragen, die Nebenkoste­n maximal 180 Euro. Julia und Stephanie Groth wünschen sich eine Drei- bis Vierzimmer­wohnung. Auch mit 85 oder 90 Quadratmet­ern wären sie mehr als zufrieden. Das Wichtigste: Die beiden Kinder sollen getrennte Zimmer bekommen. Aufgrund des Rollstuhls sollte die Wohnung außerdem ebenerdig oder über einen Fahrstuhl erreichbar sein. Damit Julia Groth alle Zimmer befahren kann, sollten die Türen zumindest normal breit sein. Kleinere Stufen könnten durch eine Rampe ausgeglich­en werden.

„Ich möchte mal wieder eine Küche von innen sehen“, sagt Julia Groth. Deshalb sollte auch dieser Raum genügend Platz für den Rollstuhl der 27-Jährigen bieten. Eine Einbauküch­e wäre zwar toll, müsse aber nicht unbedingt sein. Das Badezimmer sollte jedoch mit einer Badewanne ausgestatt­et sein, damit Julia Groth gut gepflegt werden kann. Ein weiteres Kriterium: Da die Familie kein eigenes Auto hat, sollten öffentlich­e Verkehrsmi­ttel gut erreichbar sein. So könnten sich Julia und Stephanie Groth zum Beispiel vorstellen, in Ravensburg, Weingarten, Baindt, Baienfurt, Oberzell oder Grünkraut zu leben. „Ich will einfach eine Wohnung finden, die trocken, warm und mängelfrei ist“, sagt Julia Groth.

Bislang war die Suche nach einer neuen Wohnung erfolglos – die Hoffnung hat Familie Groth aber noch nicht aufgegeben. Und wer weiß. Vielleicht findet sich ja bald etwas Passendes.

Wer von einer freien Wohnung weiß oder sogar selbst eine Wohnung anbieten kann, die für Familie Groth geeignet wäre, kann sich gerne per E- Mail an redaktion. ravensburg@ schwaebisc­he. de wenden.

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FOTO: ALENA EHRLICH Julia ( links) und Stephanie Groth haben bereits viel versucht, um eine neue Bleibe zu finden.
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