Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hardliner
Der Hoffnung britischer ProEuropäer, den Brexit doch noch abzuwenden, hat ausgerechnet der Nationalpopulist Nigel Farage Auftrieb verliehen. „Vielleicht sollten wir ein zweites Referendum durchführen“, sagte der frühere Chef der EU-feindlichen Ukip in britischen Medien. Während der Brexit-Vorkämpfer mit erneuter Zustimmung für seine Position rechnet, lassen jüngste Umfragen das Gegenteil erwarten: Einer am Freitag veröffentlichten Umfrage der Firma ComRes zufolge würden die Briten derzeit mit 55:45 Prozent für den Verbleib stimmen.
Farage ruderte denn auch im „Daily Telegraph“zurück: Er fordere nicht aktiv eine zweite Abstimmung; die Brexit-Befürworter müssten aber damit rechnen und sich auf eine zweite Kampagne vorbereiten. „Denn die EU-Freunde werden nie, nie, nie aufgeben.“
Der 53-Jährige ist eine Schlüsselfigur für den Abstimmungstriumph der Brexit-Anhänger beim Referendum 2016. Am Freitag wurde bekannt, dass der britische Europaparlamentarier wegen möglichen Missbrauchs von EU-Geldern einen Teil seines Parlamentsgehalts abtreten muss. Farage habe einen seiner Assistenten mit EU-Geldern bezahlt, dieser habe jedoch nicht an Europathemen, sondern für die Ukip-Partei gearbeitet, berichtete der „Guardian“. Da Farage sich weigerte, Gelder zurückzuüberweisen, würden ihm 40 000 Euro von seinem Gehalt abgezogen. Aus Kreisen des Europaparlaments wurde der Bericht bestätigt.
Farage, Sohn eines Börsenmaklers, arbeitete nach dem Schulabschluss als Rohstoffhändler in London. Im Mai 2010 überlebte er als Passagier den Absturz eines Kleinflugzeugs, das ein Ukip-Werbebanner gezogen hatte. Im Juli 2016 gab er sein Amt als Ukip-Parteichef ab – er habe sein Ziel, Großbritannien aus der EU zu führen, erreicht, sagte der Hardliner. Danach machte Farage in Jackson (Mississippi) Wahlkampf für Donald Trump. Später erklärte Farage stolz, Trump habe „wie ein Silberrückengorilla“Hillary Clinton im Wahlkampf dominiert. (sbo/dpa/ara)