Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erfolg für den Klassensprecher
Emmanuel Macron hat die Rolle von Europas Klassensprecher übernommen. Das zeigte der französische Präsident vergangene Woche in China, als er selbstbewusst verkündete: „Europa ist zurück.“In seiner neuen Aufgabe muss sich der 40-Jährige auch um diejenigen kümmern, die lange als Schmuddelkinder der EU galten: diejenigen, die mit den Rechtspopulisten regieren. So, wie der Österreicher Sebastian Kurz, den Macron am Freitag im Elysée-Palast empfing. Der Präsident tat das nicht ohne Hintergedanken. Er weiß, dass er den neun Jahre Jüngeren braucht, um die EU zusammenzuhalten. Als Brückenbauer Richtung Osteuropa. Und so nagelte der Präsident den Bundeskanzler auf seine europäischen Werte fest, die längst nicht mehr von allen Mitgliedsstaaten geteilt werden. Auch ein halbherziger Partner wie Österreich ist deshalb wertvoll.
Vor allem, weil in Deutschland die Bundeskanzlerin wohl noch wochenlang mit der Regierungsbildung beschäftigt ist. Macron bleibt nur, weiter abzuwarten – und sich über das Ergebnis der Sondierungsgespräche freuen. Hat er dort doch seine Spuren hinterlassen. „Ein neuer Aufbruch in Europa“lautet ein Punkt, auf den sich CDU, CSU und SPD verständigten – genau das, was der Präsident im September an der Sorbonne vorschlug. Nach dreieinhalb Monaten des Wartens endlich ein erster Erfolg für Macron.