Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gegen teure Überraschungen gewappnet
Oft wird der Hausbau am Ende deutlich kostspieliger als geplant – Das lässt sich jedoch vermeiden
Den Traum vom Eigenheim müssen sich viele Menschen vom Mund absparen. Da ist es besonders ärgerlich, wenn die Baukosten am Ende das Budget bei Weitem übersteigen. Das kommt gar nicht so selten vor. Bei der Mehrheit der in den vergangenen fünf Jahren in Deutschland errichteten Eigenheime war der Bau am Ende spürbar teurer als geplant. Während bei jedem dritten Haus die Baukosten um bis zu zehn Prozent über dem Plan lagen, waren es bei jedem fünften Neubau bis zu 20 Prozent, bei gut jedem zehnten Haus sogar bis zu 30 Prozent. Das zeigt eine Befragung der Universität Erlangen-Nürnberg und der Bauherrenberatung Almondia. Weitere Kosten entstanden, weil jeder zweite Bau nicht pünktlich fertig wurde. Ein Viertel der Eigenheime wurde mit einer Verzögerung von drei Monaten oder mehr bezogen.
Wachsende Ansprüche
Nicht immer sind Baumängel oder falsche Planung daran schuld. „Die Baukosten sind in den letzten Jahren generell gestiegen“, sagt Andreas May vom Bauherren-Schutzbund in Berlin. Das liege auch an den gewachsenen Ansprüchen der Bauherren: Die Häuser sollen energetisch fit und technisch auf dem neuesten Stand sein – das hat seinen Preis.
„Aber die Immobilien werden trotzdem zu relativ geringen Marktpreisen beworben und angeboten, die kaum wirtschaftlich zu halten sind“, ergänzt der Experte. Sein ernüchternder Rat: „Bauherren sollten davon ausgehen, dass der Preis, den sie im Vertrag unterschreiben, nicht der Endpreis ist. Da kommt immer noch etwas hinzu.“
Zusatzkosten entstehen oft durch unvollständige Baubeschreibungen. „Da werden einfach mal ganze Arbeitsgänge weggelassen“, weiß May aus seiner Beratererfahrung. Dem unerfahrenen Bauherren fällt zum Beispiel nicht auf, dass sich hinter der Formulierung „Baugrube ausheben“Kosten für ihn verstecken. „Er geht davon aus, dass der überschüssige Erdaushub auch abgefahren und deponiert wird. Steht davon aber nichts im Vertrag, muss er die Kosten selbst tragen.“Nicht selten würden von Baufirmen auch Aufwendungen für die Beseitigung von Regenwasser oder für das Anlegen des Gartens verschwiegen.
Bauprojekte folgen häufig einem sehr engen Zeitplan. „Da die Arbeiten aufeinander aufbauen, können selbst kleine Verzögerungen zu einem Dominoeffekt führen“, erklärt Prof. Evi Hartmann von der Universität Erlangen-Nürnberg, die die Studie wissenschaftlich begleitet hat. „In der Folge verschieben sich die Arbeiten immer weiter nach hinten.“Wenn dann noch ein besonders kalter Winter dazukommt, könnten bestimmte Arbeiten erst gar nicht ausgeführt werden. So lässt sich zum Beispiel Estrich bei niedrigen Temperaturen nicht fachgerecht gießen. Oder eine mobile Heizung führt zu hohen Mehrkosten.
Unkoordinierte Arbeiten
Probleme im Bauablauf entstehen nicht selten auch durch unkoordinierte Arbeiten. „Ein Hausbau besteht aus vielen einzelnen Gewerken. Wenn diese nicht zentral von einem Generalunternehmer gesteuert werden, entstehen schnell Verzögerungen, Mehraufwände oder auch zusätzliche Anfahrten von Handwerkern, die sich alle in zusätzlichen Kosten niederschlagen“, erläutert Prof. Hartmann. Vor allem an wichtigen Schnittstellen wie zwischen den Verputz- und Malerarbeiten oder zwischen dem Verlegen von Estrich und Bodenbelägen kommt es oft zu unklaren Verantwortlichkeiten, die Mehrkosten nach sich ziehen.
All das löst einen Dominoeffekt aus: Durch die längere Bauzeit kommt es zu Bereitstellungsgebühren und damit höheren Kreditkosten. Dazu kommen eventuell Mietkosten für die alte Wohnung, wenn der Umzug nicht rechtzeitig möglich ist.
Eine Lösung wäre, bei den Verhandlungen mit der Firma auf einen Bauzeitplan mit definiertem Bauende zu bestehen – mit konkretem Fertigstellungsdatum und Vertragsstrafe bei Terminüberschreitung.
Nicht selten sind aber auch Bauherren selbst für eine Kostenüberschreitung am Bau verantwortlich. „Viele haben während einer meist schon fortgeschrittenen Bauphase noch Änderungswünsche“, sagt Prof. Hartmann. „Dann müssen Bauträger und Handwerker spontan reagieren und den Traum retten. Dies ist nicht immer kosten- oder verzögerungsfrei möglich.“Eine gute und durchdachte eigene Planung hilft also auch beim Einhalten des Budgets. (dpa)
Befragt wurden für die zitierte Studie der Universität ErlangenNürnberg und der Bauherrenberatung Almondia im Juli 2017 insgesamt 1046 Bundesbürger, von denen die Hälfte innerhalb der vergangenen fünf Jahre ein selbst genutztes Haus gebaut hat und die andere Hälfte einen Bau für die nächsten zwei Jahre plant.