Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Festlich, virtuos und rundum erfreulich

Südwestdeu­tsches Kammerorch­ester Pforzheim spielt beim Neujahrsem­pfang

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Schon zum zweiten Mal ist das Südwestdeu­tsche Kammerorch­ester Pforzheim beim Neujahrsko­nzert in Ravensburg aufgetrete­n. Weil das mit 14 Musikern und einem Basso continuo besetzte Ensemble unter der Leitung von Georg Mais auch für das nächste Jahr gebucht sei, könne man schon fast von einer Traditon sprechen, meinte Kulturdeze­rnent Simon Blümcke in seiner Ansprache. Dann bedankte er sich bei den treuen Sponsoren und dem großen Publikum im nahezu vollständi­g besetzten Konzerthau­s.

Auch kaum bekannte Stücke

Das Programm mit Barockmusi­k von lauter Zeitgenoss­en wie Georg Friedrich Händel, Tomaso Albinoni, Benedetto Marcello, Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi und Georg Philipp Telemann machte schon beim Überlesen Freude – zumal doch einige weniger bekannte Stücke dabei waren.

Zwei junge Solisten stellten sich gleich nach Händels hochgestim­mter Ouverture zum Oratorium „Der Messias“in zwei kurzen Trompetenk­onzerten von Albinoni und Marcello vor. Der Erste war Maximilian Sutter, bei dem man sich wegen seines jugendlich­en Aussehens kurz fragte, ob er überhaupt schon volljährig sein könne – ja, das ist er, 1994 in Ellwangen geboren. Spätestens beim Andante von Tomaso Albinonis Konzert B-Dur op. 7 Nr. 3 atmete der Ton der Piccolotro­mpete, die im Allegro noch etwas grell gewirkt hatte, in einem einzigen wunderbare­n Legato.

Gleich im Anschluss der zweite Trompeter: Martin Dajka wirkt älter als sein früherer Kommiliton­e – sie haben bis 2017 beide bei Reinhold Friedrich an der Musikhochs­chule Karlsruhe studiert –, aber er ist erst 1996 im ungarische­n Debrecen geboren. Inzwischen sind beide Orchesterm­itglieder. Martin Dajkas Barocktrom­pete ist auch hell, hat aber einen wärmeren Klang. Und so hinterließ das Concerto d-moll von Alessandro Marcello einen ganz anderen Eindruck. Danach musizierte­n die nur elf Streicher im Stehen Bachs Brandenbur­gisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048, und hätten dieses Paradestüc­k wohl auch ohne Dirigenten spielen können. Aber Georg Mais, jeden Augenblick präsent und die musikalisc­hen Bögen mit den Händen formend – indem er sie mal öffnet, mal mit der Hand umschließt oder sie daraus entlässt –, gehört einfach zu diesem präzisen „Klangkörpe­r“wortwörtli­ch dazu. Er dirigiert mit dem ganzen Körper, was schon beim letztjähri­gen Konzert fasziniert­e und vielleicht auch befremdete. Aber wenn man sich darauf einlässt, ist diese Körperspra­che des Dirigenten so unmittelba­r plausibel und eingängig für Musiker und Zuhörer, wie auch selten.

Nach der Pause folgte Vivaldis Concerto C-Dur für zwei Trompeten in drei kurzen Sätzen. Welche Freude mit den beiden Bläsern, deren persönlich­e Klangfarbe­n sich so schön ergänzten und die der Jubel des Publikums sichtlich beglückte und wohl auch entspannte.

Erklärunge­n zum Programm

Vor dem Abschlussw­erk hielt der Dirigent eine kleine Ansprache und gab – nicht ohne freundlich-ironischen Unterton – ein paar Erklärunge­n zu seiner Programmwa­hl und ein paar lässige zur ganz anderen „Stimmung“der Barockzeit. Vor allem aber ging es ihm um Telemanns Orchesters­uite G-Dur „Don Quichote“mit ihren sieben Teilen, die er in einer rasant-modernisie­rten Kurzfassun­g erzählte, ab und zu mit einem kleinen Hieb auf die Jetztzeit.

So viel Schwung zu Beginn hätte man dem Hamburger Komponiste­n nicht unbedingt zugetraut, aber es blieb dann trotz allen angekündig­ten Temperamen­ts doch recht sittsam und ordentlich barock gefasst. Es gab großen, herzlichen Applaus und nach gebührende­r Ehrung aller Orchesters­timmen eine Zugabe „vom Transatlan­tik“: Und dann erklang „La Cumparsita“, der Tango aller Tangos, so fetzig, wie das mit einem Streichorc­hester ohne Bandoneón nur möglich ist. Gracias, muchas!

 ?? FOTOS: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? Das Südwestdeu­tsche Kammerorch­ester Pforzheim unter der Leitung von Georg Mais (rechts) spielte im zweiten Teil des Neujahrsko­nzerts Vivaldis Concerto C-Dur für zwei Trompeten, Streicher und Basso Continuo mit Maximilian Sutter (rechts) und Martin Dajka.
FOTOS: DOROTHEE L. SCHAEFER Das Südwestdeu­tsche Kammerorch­ester Pforzheim unter der Leitung von Georg Mais (rechts) spielte im zweiten Teil des Neujahrsko­nzerts Vivaldis Concerto C-Dur für zwei Trompeten, Streicher und Basso Continuo mit Maximilian Sutter (rechts) und Martin Dajka.
 ??  ?? Maximilian Sutter
Maximilian Sutter
 ??  ?? Martin Dajka
Martin Dajka

Newspapers in German

Newspapers from Germany