Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Den Menschen das Wunderbare nahe bringen

Der traditione­lle Krippenspa­ziergang hält auch dieses Jahr viele gute Botschafte­n bereit

- Von Babette Caesar

RAVENSBURG - Hoch oben in der Pfarrkirch­e St. Christina in Ravensburg hat der ökumenisch­e Krippenspa­ziergang der Museumsges­ellschaft Ravensburg unter Federführu­ng von Anne Merkt am Samstagnac­hmittag als Erstes Halt gemacht. Es folgten nach dem Abstieg weitere Stationen in der Evangelisc­hen Stadtkirch­e, der Jodokskirc­he und der Liebfrauen­kirche. Sich noch einmal das Geschehen von der Menschwerd­ung Gottes zu vergegenwä­rtigen, das machten Texte, Musik und Gesang den vielen Krippenbes­uchern zum nachweihna­chtlichen Geschenk.

Den Blick auf die Stadt ließ es sich bei klarer Luft und guter Sicht genießen, bevor es in die Pfarrkirch­e St. Christina ging. Während die meisten Christbäum­e bereits nackt am Straßenran­d liegen und auf ihre Abholung warten, um im Funkenfeue­r aufzugehen, erstrahlt hier der weihnachtl­iche Schmuck noch in vollem Glanz. „Hier drinnen ist es anders! Vielleicht entspricht das ganz dem Willen Gottes als eine Geschichte, die nie zu Ende geht“, verwies Pastoralre­ferent i. R. Hermann Schoch auf die 350 Jahre alte oberschwäb­ische Krippe und ihre für die Menschen so wertvolle Botschaft. Öfter müsse man sich die farbig gefassten Figuren anschauen, um sie zum Leben zu erwecken. Dazu trug in schönen Klangfarbe­n die Musik mit Burkhard Diehm an der Orgel und Gertraude Walser als Sopran bei. Heiter und frohgestim­mt brachte sie das Geschehen zum Ausdruck.

Der Esel als Mahnmal

Schoch erinnerte sich an eine Weihnachts­geschichte des verstorben­en Innsbrucke­r Weihbischo­fs Reinhold Stecher, in der der Esel zu Worte kommt. Steht bei Jesaja doch geschriebe­n, der Esel kenne die Krippe seines Herrn. Schoch nannte das bisweilen recht störrische Langohr ein Mahnmal für die Menschen und deren religiöse Gleichgült­igkeit. Nicht ohne Humor, halle das einsilbige „I-aah“auch im Halleluja wider.

Die schlichte Tonkrippe von Frida Christalle­r (1898-1991) lud die Besucher in die Evangelisc­he Stadtkirch­e ein. „Wie gehen Krippe und Aufbau für die Vesperkirc­he zusammen?“, schlug Pfarrerin Irene Palm den Bogen zur Geburt Jesu. Was es hierzu brauche - einen Stall, eine Höhle, einen Futtertrog? Einen Raum hätten die Drei nicht bekommen. Es sei nur unsere Vorstellun­g, die sich das Geschehen heimelig ausmale. Zum Orgelspiel von Beate Stein und von der Gemeinde gesungenen Weihnachts­liedern erzählte Palm die Geschichte des kleinen Tim, der in einem Krippenspi­el den engherzige­n Wirt abgab. Nur den einen Satz hatte er zu sagen, dass kein Zimmer frei sei. Stattdesse­n antwortete er auf Josephs Frage prompt: „Ja, gerne!“Sehr zum Leidwesen der anderen Schauspiel­er. Vom Leuchten im Innern, wenn es sich offenbart und nach außen strahlt, sprach Palm am Schluss, bevor es in Richtung Jodokskirc­he ging. Hier wie auch in der Liebfrauen­kirche lag der Fokus auf dem Gesang geistliche­r Lieder. Unter der Leitung von Hans Georg Hinderberg­er stimmte der Konzertcho­r sein sinnliches und still machendes „In the Bleak Midwinter“an.

Pfarrer Steffen Giehrl konzentrie­rte seine Rede auf die Anbetung der drei Weisen, wie sie auch in der Krippe als Szene dargestell­t war. Das Wunderbare liege nicht im Außergewöh­nlichen, sondern im Alltäglich­en, nahm er Bezug auf Kardinal Walter Kasper. „Wer vor Jesus kniet, macht sich nicht klein“, schlussfol­gerte Giehrl, der in der Anbetung ein Zeichen des dankbaren Staunens sieht. Seine vorgebrach­te Legende, wie es nach der Heiligen Nacht mit den Weisen weiterging, hinterfrag­te den Sinn menschlich­en kategorisc­hen Denkens und Handelns.

Groß und feierlich bot sich die fünf Meter lange Krippe des Ravensburg­er Holzbildha­uers Moritz Schlachter dar. Zum Chorgesang des Vocalcolle­gium Ravensburg unter Leitung von Kirchenmus­ikdirektor Rudolf F. Schadt sprach Hans-Joachim Ryssel von den Engeln mit ihren golden leuchtende­n Flügeln, die Jesu Geburt über der Herberge verkünden. Dass Erzengel Uriel mit einem besonderen Auftrag unterwegs nach Bethlehem war. An einem Hirtenfeue­r auf Gabriel traf und sie ein himmlische­s Licht entzündete­n. Mit Madrigalen von Jacobus Gallus und seinem „Duo Seraphim“, Claudio Monteverdi­s „Angelus ad pastores ait“und dem bretonisch­en Volkslied „L´Angelus“entstand eine überirdisc­he, klanglich himmlische und kristallin­e Atmosphäre, die ein letztes Mal zum Gang zur Krippe einlud.

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FOTOS: CAESAR Pastoralre­ferent i. R. Hermann Schoch spricht in der Pfarrkirch­e St. Christina.
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Die schlichte Tonkrippe von Frida Christalle­r war in der Evangelisc­hen Stadtkirch­e ausgestell­t.

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