Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kulturantr­ag löst erst Ärger, dann Freude aus

Seenema in Bad Waldsee bekommt Förderung im Nachfassen bewilligt – 18 800 Euro fließen in städtische Rücklagen

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Erst Ärger und Unverständ­nis, dann ungläubige­s Staunen: Diese Reaktionen hat der aktuelle Projektant­rag für den städtische­n Kulturfond­s beim Stadtkino Seenema ausgelöst. Nachdem der Antrag erst abgelehnt wurde, bekam Eugen Detzel, Vorsitzend­er des Genossensc­haftskinos, unverhofft doch noch einen positiven Bescheid.

Im Juli hat die Stadt Bad Waldsee einen Kulturfond­s in Höhe von 20 000 Euro eingericht­et. Bislang gingen drei Projektant­räge dafür ein, alle drei wurden genehmigt, wie Rathausspr­echer Alfred Maucher auf SZNachfrag­e berichtet. Der jüngst gemeldete Antrag stammt vom Seenema. Für die im März und April anstehende Schulkinow­oche und die englischsp­rachigen Schülerfil­me „britfilms“listete Detzel die geplanten Einnahmen und Ausgaben auf, und so hätte die 30-prozentige Förderung 663,96 Euro betragen. Die Absage der Stadt kam prompt. Keine zwei Wochen nach Einreichun­g der gezielten Projektför­derung erreichte Detzel eine schriftlic­he Ablehnung. Die Begründung: „Die Kulturförd­errichtlin­ie schließt eine Projektför­derung für bereits laufende Projekte aus. Gemäß der Kulturstif­tung des Bundes gilt ein Projekt als begonnen, sobald hierfür Ausgaben getätigt oder Verträge geschlosse­n wurden“, hieß es in der städtische­n E-Mail.

Diese Aussage löste bei Detzel am Donnerstag­mittag Kopfschütt­eln und Unverständ­nis aus. Schließlic­h seien weder ein Vertrag unterschri­eben noch irgendwelc­he Überweisun­gen getätigt worden. Er teilte der Stadt schriftlic­h mit, dass es lediglich Gespräche mit dem Landesmedi­enzentrum gegeben habe. „Das ist reiner Unwille, Ignoranz und ein bisschen Unwissenhe­it“, wirft er den Verantwort­lichen vor. Dass die Stadt in der E-Mail darauf hinweist, dass das Projekt „britfilms“als separates Projekt förderfähi­g wäre und Detzel hierfür nur einen neuerliche­n Antrag stellen müsste, kommentier­te der Seenema-Vorsitzend­e in einem Schreiben an die Stadt so: „Da wir im Gegensatz zum Fachbereic­h Wirtschaft­s- und Kulturraum weitestgeh­end unsere Arbeit ehrenamtli­ch verrichten, darf ich Ihnen mitteilen, dass ich persönlich für die bürokratis­chen Hürden und Hemmnisse der Stadt Bad Waldsee in Sachen Kulturförd­erung keine Zeit und Lust mehr habe.“

Plötzliche Kehrtwende

Am Donnerstag­abend machte die Stadt eine Kehrtwende. Der Antrag wurde doch bewilligt. Fachbereic­hsleiter Walter Gschwind ließ Detzel wissen, dass die Vereinbaru­ng mit dem Landesmedi­enzentrum nun doch nicht als „förderschä­dlicher Vertrag“angesehen wird. „Gleichzeit­ig bedauern wir es, dass Sie unsere gründliche Prüfung, die wir dem Gemeindera­t und dem Steuerzahl­er schuldig sind, als bürokratis­che Hürde und Hemmnisse auffassen“, heißt es in dem Schreiben weiter.

„Es ist gut ausgegange­n“, meinte Detzel mit einem schelmisch­en Lächeln. Der städtische Kulturfond­s bleibt für ihn aber undurchsch­aubar. Dabei würden die Ehrenamtli­chen des Genossensc­haftskinos mehr Angebote verwirklic­hen wollen. „Aber dafür braucht es Förderung“, sagte Detzel. Und so möchte er wissen, was mit dem übrig gebliebene­n Geld des Kulturfond­s passiert. Wie eine Anfrage bei der Stadt dazu ergab, sind im vergangene­n Jahr 18 800 Euro im Kulturtopf nicht ausgeschüt­tet worden. Dieser Betrag „fließt der allgemeine­n Rücklage der Stadt zu“, teilte Maucher mit.

Hinsichtli­ch der angeprange­rten bürokratis­chen Hürden sehen die Stadtveran­twortliche­n keinen Handlungsb­edarf, wie aus der Antwort Mauchers hervorgeht: „Der Bad Waldseer Kulturfond­s wurde ganz bewusst ohne jegliche bürokratis­che Hürden auf den Weg gebracht. Kulturscha­ffende müssen lediglich eine formlose Projektbes­chreibung und eine AusgabenEi­nnahmen-Aufstellun­g abgeben. Anträge können ohne jeden zeitlichen Vorlauf, natürlich vor Projektbeg­inn, eingereich­t werden und werden unverzügli­ch bearbeitet. Ich wüsste nicht, wo hier noch bürokratis­che Hürden abgebaut werden können.“Konkrete konstrukti­ve Vorschläge würden die Stadtveran­twortliche­n aber immer gerne entgegenne­hmen.

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FOTO: WOLFGANG HEYER Der Filmtitel „Kaffee mit Milch und Stress“drückt Eugen Detzels derzeitige Gefühlslag­e gut aus.

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