Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kulturantrag löst erst Ärger, dann Freude aus
Seenema in Bad Waldsee bekommt Förderung im Nachfassen bewilligt – 18 800 Euro fließen in städtische Rücklagen
BAD WALDSEE - Erst Ärger und Unverständnis, dann ungläubiges Staunen: Diese Reaktionen hat der aktuelle Projektantrag für den städtischen Kulturfonds beim Stadtkino Seenema ausgelöst. Nachdem der Antrag erst abgelehnt wurde, bekam Eugen Detzel, Vorsitzender des Genossenschaftskinos, unverhofft doch noch einen positiven Bescheid.
Im Juli hat die Stadt Bad Waldsee einen Kulturfonds in Höhe von 20 000 Euro eingerichtet. Bislang gingen drei Projektanträge dafür ein, alle drei wurden genehmigt, wie Rathaussprecher Alfred Maucher auf SZNachfrage berichtet. Der jüngst gemeldete Antrag stammt vom Seenema. Für die im März und April anstehende Schulkinowoche und die englischsprachigen Schülerfilme „britfilms“listete Detzel die geplanten Einnahmen und Ausgaben auf, und so hätte die 30-prozentige Förderung 663,96 Euro betragen. Die Absage der Stadt kam prompt. Keine zwei Wochen nach Einreichung der gezielten Projektförderung erreichte Detzel eine schriftliche Ablehnung. Die Begründung: „Die Kulturförderrichtlinie schließt eine Projektförderung für bereits laufende Projekte aus. Gemäß der Kulturstiftung des Bundes gilt ein Projekt als begonnen, sobald hierfür Ausgaben getätigt oder Verträge geschlossen wurden“, hieß es in der städtischen E-Mail.
Diese Aussage löste bei Detzel am Donnerstagmittag Kopfschütteln und Unverständnis aus. Schließlich seien weder ein Vertrag unterschrieben noch irgendwelche Überweisungen getätigt worden. Er teilte der Stadt schriftlich mit, dass es lediglich Gespräche mit dem Landesmedienzentrum gegeben habe. „Das ist reiner Unwille, Ignoranz und ein bisschen Unwissenheit“, wirft er den Verantwortlichen vor. Dass die Stadt in der E-Mail darauf hinweist, dass das Projekt „britfilms“als separates Projekt förderfähig wäre und Detzel hierfür nur einen neuerlichen Antrag stellen müsste, kommentierte der Seenema-Vorsitzende in einem Schreiben an die Stadt so: „Da wir im Gegensatz zum Fachbereich Wirtschafts- und Kulturraum weitestgehend unsere Arbeit ehrenamtlich verrichten, darf ich Ihnen mitteilen, dass ich persönlich für die bürokratischen Hürden und Hemmnisse der Stadt Bad Waldsee in Sachen Kulturförderung keine Zeit und Lust mehr habe.“
Plötzliche Kehrtwende
Am Donnerstagabend machte die Stadt eine Kehrtwende. Der Antrag wurde doch bewilligt. Fachbereichsleiter Walter Gschwind ließ Detzel wissen, dass die Vereinbarung mit dem Landesmedienzentrum nun doch nicht als „förderschädlicher Vertrag“angesehen wird. „Gleichzeitig bedauern wir es, dass Sie unsere gründliche Prüfung, die wir dem Gemeinderat und dem Steuerzahler schuldig sind, als bürokratische Hürde und Hemmnisse auffassen“, heißt es in dem Schreiben weiter.
„Es ist gut ausgegangen“, meinte Detzel mit einem schelmischen Lächeln. Der städtische Kulturfonds bleibt für ihn aber undurchschaubar. Dabei würden die Ehrenamtlichen des Genossenschaftskinos mehr Angebote verwirklichen wollen. „Aber dafür braucht es Förderung“, sagte Detzel. Und so möchte er wissen, was mit dem übrig gebliebenen Geld des Kulturfonds passiert. Wie eine Anfrage bei der Stadt dazu ergab, sind im vergangenen Jahr 18 800 Euro im Kulturtopf nicht ausgeschüttet worden. Dieser Betrag „fließt der allgemeinen Rücklage der Stadt zu“, teilte Maucher mit.
Hinsichtlich der angeprangerten bürokratischen Hürden sehen die Stadtverantwortlichen keinen Handlungsbedarf, wie aus der Antwort Mauchers hervorgeht: „Der Bad Waldseer Kulturfonds wurde ganz bewusst ohne jegliche bürokratische Hürden auf den Weg gebracht. Kulturschaffende müssen lediglich eine formlose Projektbeschreibung und eine AusgabenEinnahmen-Aufstellung abgeben. Anträge können ohne jeden zeitlichen Vorlauf, natürlich vor Projektbeginn, eingereicht werden und werden unverzüglich bearbeitet. Ich wüsste nicht, wo hier noch bürokratische Hürden abgebaut werden können.“Konkrete konstruktive Vorschläge würden die Stadtverantwortlichen aber immer gerne entgegennehmen.