Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
3360 Kilometer für eine Aufwandsvergütung
Radsport: Liane Lippert zieht eine positive Bilanz nach einem Jahr als Profi – Neue Saison beginnt am 25. Februar
FRIEDRICHSHAFEN - Seit einem Jahr ist die Häflerin Liane Lippert Profiradfahrerin beim holländischen Rennstall Team Sunweb. Die heute 20-Jährige hatte sich den Sprung von den Juniorinnen in die U-23-Klasse schlimmer vorgestellt. „Es hat alles bestens geklappt“, sagt Lippert. Team Sunweb bot ihr eine Vertragsverlängerung an. Liane Lippert unterschrieb bis 2020.
Wer bodenständig ist, der hat auch in der Ferne kaum Probleme. Liane Lippert aus Friedrichshafen wagte Ende 2016 den Sprung ins Profigeschäft. Es war nicht der Lockruf des Geldes, der sie dazu bewegte diesen Schritt zu tun. Die 20-Jährige bekommt ein gutes Taschengeld für ihren Aufwand (Aufwandsvergütung), mehr nicht.
Nach der Grundausbildung bei der Bundeswehr in Todtnau kam sie in die Sportfördergruppe. Das Geld, was sie als Soldatin bekam, und das gute Taschengeld des holländischen Teams reichten ihr, um Rücklagen zu bilden. Nun ist sie auf sich alleine gestellt, weil die Zeit bei der Bundeswehr Geschichte ist. „Ich komme mit dem Geld klar“, sagt die Häflerin. Das Geld ist zweitrangig. Liane Lippert will ihre Leidenschaft ausleben, Rennen fahren, dem Team helfen und selbst jubeln, wenn sie über die Ziellinie fährt.
Die Rennradfahrerin der „Seerose“machte früh auf sich aufmerksam. Auf ebenen Strecken tat sie sich – heute noch – immer etwas schwerer als die Konkurrenz. Ging es in die Berge, dann sahen ihre Konkurrentinnen oft nur ihr Hinterrad.
Ihr Stern ging am 16. September 2016 im französischen Plumelec auf. Als Juniorin wurde die 18-jährige Europameisterin. „Als sich in der letzten Runde vier Fahrerinnen absetzten, habe ich das Loch zugefahren und bin dann einfach weitergefahren. Als ich mich umdrehte, war keine mehr da, da bin ich allein über den Zielstrich gerauscht“, schilderte die überglückliche Lippert die entscheidende Situation. „Ich habe mich noch gewundert, wo sie denn bleiben, aber es kam keine mehr. Ich kann noch gar nicht glauben, was mir da gelungen ist.“Dabei war der Sieg alles andere als eine Sensation – vor allem angesichts der Streckenführung mit der 1,7 Kilometer langen und im Schnitt 6,2 Prozent steilen Côte de Cadoudal, die am Ende jeder Runde anstand. Hier spielte die kletterstarke Lippert ihre Stärken aus.
Platz fünf auf der Straße
Was danach kam, konnte sie kaum fassen. Das Medieninteresse war sehr groß. „Ich musste viele Fragen beantworten. Das war ich nicht gewohnt“, sagt sie rückblickend. Manchmal zwickte sie sich, um zu sehen, dass es kein Traum war.
Im Dezember 2016 unterschrieb sie den Profivertrag beim heutigen Team Sunweb, das eines der weltweit besten Frauenteams unterhält. Im vergangenen Jahr fuhr sie mit dem Team 37 Rennen (insgesamt 3360 Kilometer). Hinzu kamen noch nationale Wettbewerbe – etwa Platz fünf bei der Deutschen Meisterschaft auf der Straße. Zuletzt schaffte sie bei der Lotto Belgium Tour die Plätze neun und acht. „Damit kann ich zufrieden sein“, sagt Lippert. Hatte sie sich in den Rennen zu Beginn der Saison als Helferin für das gesamte Team zu bewähren, wurde sie schließlich zum „Final Supporter“. Diese Edelhelferin hat die Aufgabe, die Favoritin bis zum Schluss zu unterstützen.
Auf die neue Saison 2018 freut sie sich wieder. Anfang des Jahres wurde das neu formierte Team in Berlin vorgestellt. Mit dabei war auch Liane Lippert. Nun geht es ins Trainingslager nach Spanien. Das erste Rennen steigt in Belgien am 25. Februar. Normalerweise wohnt sie im Teamhaus in Sittard (Holland).
Den Kontakt zum Elternhaus pflegt sie weiterhin. Liane Lippert ist gerne in Friedrichshafen, um auch auf andere Gedanken zu kommen. Wenn es einmal nicht klappt, dann verweilt sie bei ihrem Freund und Vizeeuropameister Niclas Märkl, ebenfalls ein Radfahrer bei Team Sunweb, in Kaiserslautern. Die Privatspähre ist ihr neben dem Profisport sehr wichtig.