Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Verärgerung in der Südwest-CDU
Ressortverteilung zugunsten der SPD löst Kritik an Kanzlerin Merkel aus – CSU zufrieden
STUTTGART/MÜNCHEN - Die Ressortverteilung für die neue Große Koalition von Union und SPD hat innerhalb der CDU Unmut ausgelöst. Auch die Ergebnisse bei Rente und Sozialpolitik missfallen vielen. Teilweise richtet sich die Kritik direkt gegen Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die CDU zwei prestigeträchtige Ressorts abgeben wird: das Innenministerium an die Schwesterpartei CSU, das Finanzressort an die SPD.
Deutliche Worte fanden auch CDU-Landespolitiker aus dem Südwesten. Baden-Württembergs Justizund Europaminister Guido Wolf betonte, es sei zwar gut, dass es bald wieder eine handlungsfähige Bundesregierung gebe, „andererseits hat dieser Koalitionsvertrag auch wehgetan“. Aus Sicht der CDU hätten bei Arbeits- und Sozialpolitik die Interessen der Jüngeren stärker berücksichtigt werden sollen. Die Junge Union (JU) ist besonders mit den Rentenkompromissen unzufrieden. „Auch bei der Union gibt es eine Schmerzgrenze. Diese ist eindeutig überschritten, die Konsequenz kann nur sein, den Koalitionsvertrag auf dem Bundesparteitag abzulehnen“, so Yannick Bury, Chef der JU Südbaden. Am 26. Februar wird die CDU Delegierte aus ganz Deutschland abstimmen lassen, die SPD befragt alle Mitglieder. „Vor ein paar Tagen haben wir uns gefragt, ob die SPD-Mitglieder diesem Koalitionsvertrag zustimmen. Allmählich muss man sich fragen, ob es die CDU-Mitglieder tun“, sagte der Landtagsabgeordnete Raimund Haser (CDU) aus Wangen.
Der Landeschef der Mittelstandsund Wirtschaftsvereinigung der Südwest-CDU, Daniel Hackenjos, forderte einen Personalwechsel: „Der reine Machterhaltungswille der Kanzlerin und ihrer Führungsriege genügt nicht unseren Ansprüchen an die Führung unseres Landes.“
In Bayern herrscht Zufriedenheit. Als erste der drei Parteien billigte die CSU den Koalitionsvertrag. Parteichef Horst Seehofer, der Innenminister werden soll, berichtete danach in München, die SPD habe den Zuschlag zu den drei Schlüsselministerien Außen, Finanzen sowie Arbeit/ Soziales zur Bedingung für eine Zustimmung gemacht.