Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Auf ein Wort unter Schnabelbrustschildkröten
Der Mensch ist schon eine komische Type: Bloß weil er zum Beispiel die Kommunikation zwischen Tieren nicht versteht, behauptet er keck, dass ihn die menschliche Sprache von anderen Kreaturen unterscheidet. Dabei vergisst er natürlich, dass das beispielsweise die Madagassische Schnabelbrustschildkröte ebenso von sich behaupten könnte. Fragen können wir sie leider nicht, weil wir – wie wir ja nur allzugut wissen – keinerlei Schnabelbrustschildkrötisch sprechen und uns aufgrund dieser Unfähigkeit paradoxerweise auch noch überlegen fühlen. So ist er halt, der Mensch.
Anlass zu Hochmut gibt es nicht. Und zwar deswegen, weil sich Leute der Gattung Homo sapiens ja selbst nicht untereinander ausreichend verständigen können. Sogar unter Europäern herrscht ein babylonisches Sprachenwirrwarr und obwohl insbesondere der Deutsche durch die Häufigkeit des Urlaubmachens in Italien einen Sprachschatz angehäuft haben sollte, herrscht meistens „non capire niente“, wie der Italiener zu sagen pflegt, wenn er „nix verstehen“meint. Es hat lange gedauert, bis deutsche Muttersprachler erkannt haben, dass es auch nichts nützt, zum Beispiel mit einem Italiener nur möglichst laut und langsam deutsch zu sprechen, damit dieser ihn dann schon versteht. Doch anstatt sich hinzustellen und überheblich zu behaupten, dass uns die deutsche Sprache halt von den Italienern unterscheidet, sollten wir die Schnabelbrustschildkröte nicht vergessen, weil die sich – obwohl sie uns seltsam verschlossen vorkommt – sicher trotzdem ihren Teil denkt. (nyf)