Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein bodenständiger Global Player
Tox Pressotechnik vereint Optionen eines Unternehmens mit Flexibilität einer Werkstatt
WEINGARTEN - Hoch globalisiert und doch in seinen Wurzeln familiär und bodenständig – so präsentiert sich das Weingartener Unternehmen Tox Pressotechnik. Mit rund 1300 Mitarbeitern weltweit, 500 davon in Weingarten, hat sich das Unternehmen längst zum Global Player mit Standorten unter anderem in China, Brasilien, Indien, Südkorea und den USA entwickelt. Eine Besonderheit in dieser Größenordnung: Tox Pressotechnik befindet sich bis heute vollständig in Familienbesitz. Keine Investoren, keine Zukäufe: Alle 18 Tochtergesellschaften sind aus dem Unternehmen selbst entstanden, so Geschäftsführer Wolfgang Pfeiffer, der das Unternehmen gemeinsam mit Geschäftsführer Martin Knörle leitet.
1978 von Eugen Rapp gegründet
Gegründet wurde Tox Pressotechnik 1978 von Eugen Rapp. Noch heute sind er und seine beiden Töchter die Gesellschafter des Unternehmens. Das damalige Kernprodukt: der Kraftpaket-Zylinder, ein hydraulischer Maschinenantrieb, der Presskraft erzeugt. Neben Maschinenantrieben gehören heute auch Fügewerkzeuge, Maschinensteuerungen und Prozessüberwachungen zu den Komponenten, die den Kunden eine individuelle Problemlösung ermöglichen. Das können Maschinen-Systeme sein bis hin zu ganzen Fertigungsstraßen. „Die Endprodukte, die Hydraulische Maschinenantriebe gehören zur Produktpalette von Tox Pressotechnik. wir an unsere Kunden verkaufen, sind durchaus sehr unterschiedlich“, sagt Wolfgang Pfeiffer.
Im Bereich der Fügewerkzeuge hebt sich Tox Pressotechnik durch eine besondere Technologie hervor. Spezielle Werkzeuge ermöglichen, Bleche durch plastische Deformation fest miteinander zu verbinden – das Prinzip dahinter ist auch im Firmenlogo zu erkennen. Das Unternehmen selbst spricht dabei vom „Clinchen“. Auf dem Weltmarkt habe sich eine weitere Bezeichnung etabliert: das „Toxen“. Durchaus ein Kompliment, findet Martin Knörle. Auch für die Entwicklung von Niettechnologien hat sich das Wissen aus dem „Clinchen“als wertvoll erwiesen. Hier konnte sich das Unternehmen einen Großauftrag von Daimler sichern. Dieser Großauftrag sei in den vergangenen Jahren auch ein wichtiger Treiber für die Vergrößerung am Weingartener Standort gewesen – rund 16 000 Quadratmeter sind es mittlerweile. Und bald kommen weitere 1000 Quadratmeter hinzu: In den kommenden Wochen beginnen die Bauarbeiten für eine weitere Montagehalle mit Bürotrakt.
Zulieferer fürAutomobilindustrie
Verwendung finden die Technologien von Tox Pressotechnik zu großen Teilen in der Automobilindustrie. Auch für die Herstellung sogenannter „weißer Ware“wie Waschmaschinen oder Spülmaschinen werden Anlagen von Tox Pressotechnik eingesetzt. Zum kleinen, aber breit aufgestellten Rest der Kundschaft gehören unter anderem Firmen aus der Lebensmittelindustrie – Fast-Food-Restaurants oder Pizzateig-Hersteller zum Beispiel. Auch im Luftfahrtbereich, zur Verbindung sicherheitskritischer Fügestellen an Flugzeugen, sei das Weingartener Unternehmen aktuell im Gespräch.
Bereits 1985 expandierte Tox Pressotechnik in die USA, 1993 nach China, 1996 nach Südkorea. So zeichnete sich bereits früh eine der Stärken des Unternehmens ab: die VorOrt-Präsenz – und zwar weltweit. Auf Auslandsentsendungen werde dabei verzichtet. „Wir pflegen eine enge Freundschaft zu unseren internationalen Standorten. Vertrauen spielt dabei eine sehr große Rolle“, sagt Knörle. Das sei außergewöhnlich, funktioniere aber sehr gut. „Nur ein chinesischer Geschäftsführer kann auch wirklich die Bedarfe des chinesischen Marktes erkennen“, erklärt Pfeiffer. „Wir bieten die Möglichkeiten eines großen, internationalen Unternehmens mit der Flexibilität einer kleinen Werkstatt.“
Am Ende seien es nämlich an erster Stelle die Menschen, die das Unternehmen durch ihre Motivation und ihre Kreativität international so erfolgreich machen, sind sich die beiden Geschäftsführer einig. Mit allen dazugehörigen Tochtergesellschaften plant die Tox-Gruppe für das laufende Geschäftsjahr, einen Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro zu erzielen. Ein überdurchschnittlich großer Teil der Wertschöpfung finde durch die Mitarbeiter im Unternehmen statt, sagt Knörle. Deshalb lege das Unternehmen auch Wert darauf, bedarfsgerecht auszubilden.
Wolfgang Pfeiffer und Martin Knörle sind zuversichtlich, dass Tox Pressotechnik auch den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist: Industrie 4.0, Digitalisierung, Elektromobilität und Leichtbau sind die großen Themen, die das Unternehmen derzeit beschäftigen. „Die Aufgaben werden immer komplexer. Wir müssen gut zuhören, um die Bedürfnisse der Märkte zu erfüllen und gemeinsam mit unseren Kunden neue Lösungen zu entwickeln“, sagt Pfeiffer. Die Herausforderung bestehe für die beiden Geschäftsführer darin, das Wachstum des Unternehmens zu managen, ohne dabei die Flexibilität und Bodenständigkeit aufzugeben, die das Unternehmen auszeichnen – und es von Weingarten aus in der ganzen Welt so erfolgreich macht.
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