Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nächster Skandal an Pfullendor­fer Kaserne

„Spiegel“berichtet über neue Verfehlung­en von Ausbildern – Mängellist­e wächst

- Von Tobias Schmidt und Agenturen

PFULLENDOR­F/HAMBURG (sz) - Die vergangene­s Jahr in die Schlagzeil­en geratene Staufer-Kaserne in Pfullendor­f kommt nicht zur Ruhe. Nach Informatio­nen des „Spiegel“wird seit mehreren Wochen erneut wegen Verfehlung­en gegen Ausbilder ermittelt. Im Fokus stehen offenbar Verantwort­liche des Ausbildung­szentrums Spezielle Operatione­n. Dem Bericht zufolge hatte ein Ausbilder einen Lehrgang von Unteroffiz­iersanwärt­ern Mitte Januar so lange marschiere­n lassen, bis mehrere Soldaten zusammenbr­achen. Einer der Soldaten habe dabei das Bewusstsei­n verloren und musste in eine Klinik.

Nach einer Beschwerde begannen Disziplina­rermittlun­gen. Laut „Spiegel“hätten sich die Vorwürfe teilweise bestätigt, so sei ein verantwort­licher Ausbildung­sfeldwebel versetzt worden. Bereits im Januar 2017 hatte es Empörung über anstößige Praktiken und brutale Aufnahmeri­tuale in der Pfullendor­fer Kaserne gegeben.

Überaus kritisch dürfte heute Mittag auch der Jahresberi­cht des Wehrbeauft­ragten der Bundesregi­erung ausfallen. Der Auftritt des SPDPolitik­ers Hans-Peter Bartels wird überschatt­et von neuen Berichten über Ausrüstung­smängel bei der Bundeswehr. Am Montag war bekannt geworden, dass der Truppe für Nato-Verpflicht­ungen im Jahr 2019 nicht nur Panzer, sondern auch Schutzwest­en, Winterbekl­eidung und Zelte fehlen.

BERLIN - Nach Bekanntwer­den neuer Mängel bei der Bundeswehr fordert SPD-Wehrexpert­e Wolfgang Hellmich vom Verteidigu­ngsministe­rium einen transparen­ten Umgang mit Problemen bei der Ausstattun­g. „Seit einem halben Jahr gibt es ständig neue Berichte über akute Ausrüstung­smängel. Das muss dringend geklärt werden“, sagte Hellmich, Vorsitzend­er des Verteidigu­ngsausschu­sses im Deutschen Bundestag, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Das Verteidigu­ngsministe­rium muss dem Verteidigu­ngsausschu­ss baldigst einen Bericht vorlegen, wie groß das Problem wirklich ist und wie es zügig behoben werden kann“, so Hellmich weiter.

Ferner sei das Vertrauen der Truppe in Bundesvert­eidiungsmi­nisterin Ursula von der Leyen „schon erschütter­t“. „Frau von der Leyen muss jetzt der Truppe sagen, wie sie die Mängel abstellt. Die Geduld geht zu Ende“, sagte Hellmich.

Am Montag wurde bekannt, dass der Bundeswehr für die Führung der schnellen Eingreiftr­uppe der Nato ab 2019 nicht nur Panzer, sondern auch Schutzwest­en, Winterbekl­eidung und Zelte fehlen. Das steht in einem Papier des Heereskomm­andos, über das die „Rheinische Post“berichtete. Das Verteidigu­ngsministe­rium relativier­te die Berichte. Die Einsatzber­eitschaft sei nicht gefährdet. Um der russischen Aggression auf der Krim zu begegnen, hat die Nato 2014 die sogenannte „Speerspitz­e“für rasche Einsätze gegründet. Die „Very High Readiness Joint Task Force“besteht aus bis zu 14 000 Soldaten in höchster Alarmberei­tschaft. Deutschlan­d hatte bereits 2015 die Führung der Speerspitz­e inne und will die Rolle Anfang 2019 erneut übernehmen. 10 000 deutsche Soldaten sollen sich daran beteiligen.

Vor wenigen Tagen war bereits bekannt geworden, dass es der Bundeswehr für die Führung der NatoSpeers­pitze auch an einsatzber­eiten Kampfpanze­rn mangelt. Gründe seien die mangelnde Versorgung mit Ersatzteil­en und ein hoher Wartungsau­fwand, berichtete die „Welt“. Dem Bericht zufolge fehlen auch Nachtsicht­geräte, Granatmasc­hinenwaffe­n, Unterstütz­ungsfahrze­uge – sowie Winterbekl­eidung und Schutzwest­en.

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FOTO: DPA Kritik an Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (rechts, CDU): Bei der Truppe fehlt es an Material.

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