Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lokal handeln, global das Klima schonen: Untersteller lobt Oberschwaben als Vorbild
European Energy Award geht an neun Landkreise, acht Städte und zehn Gemeinden – LED-Technik, Nahwärmenetze oder E-Mobilität senken Kohlendioxidausstoß
ULM - Oberschwaben ist Spitze in Sachen Energieeffizienz der Kommunen und Engagement lokaler Initiativen: Ein Blick auf eine Karte mit den Preisträgern des gestern in Ulm verliehenen European Energy Award (EEA) zeigt, dass in den Landkreisen Ravensburg, Biberach, Sigmaringen und im Bodenseekreis, in 13 der landesweit 18 ausgezeichneten Kommunen, offensichtlich energiebewusste Politik gemacht wird: „Wir wollen und können einfach ein Beispiel geben, was auf kommunaler Ebene erreicht werden kann“, sagte der Friedrichshafener Landrat Lothar Wölfle bei der Preisverleihung. Es sind häufig die kleinen Schritte, die in den Kommunen umgesetzt werden. Und die Teilnahme am EEA lohnt sich: Die dort engagierten 101 Kommunen 20 Landkreise aus Baden-Württemberg erhalten einen Zuschuss in Höhe von 10 000 Euro.
In Baienfurt (Landkreis Ravensburg) zum Beispiel beziehen alle kommunalen Liegenschaften Ökostrom. Der Kindergarten wurde nach dem Passivhausprinzip errichtet. Oder Bergatreute (Landkreis Ravensburg): Ein Bürgerbus, LEDTechnik für die Straßenbeleuchtung, Fahrradschutzstreifen und breite Geh- und Radwege führten dazu, dass die 3100-Einwohner-Gemeinde sich jetzt über die europäische Auszeichnung freuen darf. Achim Deinet, der Bürgermeister von Bad Schussenried (Landkreis Biberach) fasst die Begeisterung in einem Satz schwäbisch-zurückhaltend zusammen: „Es gibt ein gewisses Grundverständnis im ländlichen Raum für ökologisch sinnvolles Handeln.“
Für Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist ökologisches Handeln immer lokales Handeln: „Regionen und Kommunen sind der entscheidende Faktor im globalen Klimaschutz“, betont der Minister während der Feierstunde in Ulm. „Es kommt auf die konkreten Maßnahmen vor Ort an, sei es die Realisierung von Nahwärmenetzen, der Einsatz energiesparender Straßenbeleuchtung oder die Förderung des Fahrradverkehrs und der E-Mobilität. Sie machen den Klimaschutz nachvollziehbar und sichtbar und bringen ihn damit Stück für Stück weiter voran.“
Der Landkreis Biberach hat Untersteller beim Wort genommen und wurde an diesem Montagabend in Ulm erstmals mit dem „Gold award“ausgezeichnet: „Wir haben uns 2012 energiepolitische Ziele gesetzt“, sagt Landrat Heiko Schmid, „der Kohlendioxidausstoß der landkreiseigenen Gebäude sollte in der Zeit zwischen 1990 und 2020 um 40 Prozent gesenkt werden, der Energieverbrauch sollte um 25 Prozent sinken.“Beide Ziele wurden übererfüllt: „Wir verbrauchen schon heute 30 Prozent weniger Energie, gleichzeitig sank der Kohlendioxidausstoß um 75 Prozent.“Das entspricht 3050 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Schmid nennt unter anderem drei konkrete Maßnahmen: „Wir haben Beleuchtung ausgetauscht, ein Blockheizkraftwerk gebaut und beispielsweise die Kühlung unserer Server auf Grundwasser umgestellt.“
Untersteller nutzt den Anlass, um nochmals sein Unverständnis für die von Union und SPD geplante Aufgabe von Klimazielen im Bund für das Jahr 2020 zu äußern. Union und SPD wollen ohnehin nicht mehr erreichbare Klimaziele für 2020 offiziell aufgeben, wie der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vorsieht. Untersteller mahnt: Schon jetzt sei in Baden-Württemberg die Temperatur um 1,3 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel gestiegen.