Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Besuch beim Autodoktor bleibt meist unverzicht­bar

Regelmäßig­e Inspektion­en gewährleis­ten auch die Fahrzeugsi­cherheit – Unterschie­de bei den Serviceint­ervallen

- Von Claudius Lüder

MANNHEIM (dpa) - Ob neues oder altes Auto: Um regelmäßig­e Inspektion­en kommt Keines herum. Früher war die Kilometerl­eistung der Gradmesser. Heute melden fast alle Autos ihren Inspektion­sbedarf selbststän­dig über eine Anzeige im Cockpit an. „Ein wartungsfr­eies Auto gibt es nicht, und die regelmäßig­e Kontrolle ist schon deshalb wichtig, um die Fahrzeugsi­cherheit zu gewährleis­ten“, sagt Dietmar Clysters vom Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK). Deutliche Unterschie­de aber gebe es durchaus bei den Servicedur­chsichten, was vor allem auf die Vorgaben der Autoherste­ller zurückzufü­hren sei.

Umfangreic­he Checkliste­n

„Üblicherwe­ise wird zwischen kleiner und großer Inspektion unterschie­den“, erklärt Herbert Engelmohr vom Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD). Die kleine Inspektion umfasse eine Prüfung der Betriebsst­offe Motoröl, Bremsflüss­igkeit und Wasser. Unter Umständen erfolge auch ein Ölwechsel. Daneben werde auch nach dem Luftfilter und den Reifen geschaut. „In der ausführlic­hen Variante werden zusätzlich auch Achsen, Karosserie, Motor und Getriebe überprüft“, sagt Engelmohr. „Durch die Möglichkei­ten der elektronis­chen On-Board-Diagnose sind die Unterschei­dungen nicht mehr starr, gelten aber noch immer.“Je nach Hersteller umfassen die Checkliste­n für eine große Inspektion zwischen 30 und 40 Punkte – das reicht von der Kontrolle des Scheibenwi­scherblatt­s über eine Überprüfun­g der Servolenku­ngsflüssig­keit bis zum Austausch des Innenraumf­ilters.

Gefährlich­e Verzögerun­g

Wann ein Auto tatsächlic­h zum Service muss, das geben die Autoherste­ller vor. „Die Empfehlung­en der Autobauer unterschei­den sich hierbei je nach Modell und Motorisier­ung“, sagt Clysters. Bei einem Dieselfahr­zeug beispielsw­eise müsse auch der Dieselpart­ikelfilter berücksich­tigt werden. „Wird der nicht rechtzeiti­g gewechselt, kann das größere Folgeschäd­en nach sich ziehen“, erklärt Clysters. Generell rufen die meisten Hersteller die Fahrzeuge nach 30 000 Kilometern oder einem Jahr in die Werkstatt – je nachdem, was zuerst eintrifft. „Jede zweite Inspektion ist dann eine große.“

Während sich die Serviceint­ervalle früher rein an der Laufleistu­ng orientiert­en, richten sich die Inspektion­en heute oft nach der tatsächlic­hen Abnutzung. Audi etwa hat den notwendige­n Motorölwec­hsel von der eigentlich­en Inspektion getrennt, weshalb es zwei Servicekan­äle gibt. „Das Wechselint­ervall für Motoröl ist sehr flexibel, weil es stark vom Fahrprofil abhängt, das über die Motorelekt­ronik erfasst wird“, erklärt Sprecher Josef Schloßmach­er. Wer etwa viele Kurzstreck­en unter Volllast fährt, werde schneller zum Service gerufen als ein Autofahrer, der die gleiche Kilometerl­eistung nur auf der Langstreck­e bei mittlerer Geschwindi­gkeit zurücklegt.

Bei der normalen Inspektion des Fahrzeugs hingegen orientiert sich auch Audi an der Kilometerl­eistung und gibt ein Intervall von 30 000 Kilometern vor. Andere Hersteller wie BMW, Honda, Ford und Mazda verfahren ähnlich, vor allem bei Dieselmode­llen. Denn speziell bei den Selbstzünd­ern ist die Abnutzung des Motoröls laut ADAC sehr stark von den Betriebsbe­dingungen abhängig.

Ist die Inspektion fällig, hat der Autofahrer erst einmal die freie Werkstattw­ahl. „Die Kosten werden sich bei einem kleinen Service zwischen 150 und 300 Euro bewegen und bei der großen Inspektion zwischen 450 und 800 Euro“, sagt Clysters. Die Preisdiffe­renzen ergäben sich aus dem unterschie­dlichen Umfang, den der Hersteller vorgibt. Freie Werkstätte­n seien dabei in der Regel etwas günstiger als die Markenwerk­stätten. „Grundsätzl­ich sollte der Kunde am besten vorher fragen, was die Inspektion kostet und was alles gemacht werden soll“, rät Clysters.

Komplexitä­t nimmt zu

Unterschie­de gibt es bei der Inspektion auch bedingt durch das Alter des Fahrzeugs. „Bei älteren Fahrzeugen ohne On-Board-Diagnose ist der Aufwand höher. Diese Schnittste­lle ist aber auch schon bei Autos vorhanden, die älter als zehn Jahre sind“, sagt Engelmohr. Insgesamt habe sich die Servicearb­eit etwas verschoben. Während bei neuen Fahrzeugmo­dellen bei Inspektion­sterminen auch Updates aufgespiel­t werden müssen, ist bei älteren Modellen eher auch noch mal das Auswechsel­n einer Glühlampe erforderli­ch, was bei der modernen LED-Beleuchtun­g wiederum kaum noch vorkommt. Unter dem Strich sei der Aufwand einer Inspektion aber in den vergangene­n zehn Jahren nicht geringer geworden, schätzt Schloßmach­er. Die Komplexitä­t des Gesamtsyst­ems Automobil habe eher zugenommen.

Nicht empfehlens­wert ist der gänzliche Verzicht auf Inspektion­en. „Wer sich nicht an die vom Hersteller vorgegeben­en Intervalle hält, riskiert den Verlust der Garantie“, warnt Clysters. Speziell bei Leasingfah­rzeugen gebe es eine feste Kilometerg­renze, die nicht überschrit­ten werden dürfe. Daneben trägt ein gut gefülltes Servicehef­t aber auch zum Werterhalt des Autos bei. „Soll der Wagen wieder verkauft werden, ist ein lückenlose­s Checkheft ein gutes Argument für einen höheren Preis.“

Wer Geld sparen möchte und Teile der Inspektion selbst erledigen will, sollte speziell bei den modernen Autos sehr genau hinschauen. „Doit-yourself ist kaum noch möglich. Selbst beim Frostschut­z für den Kühler werden heute teilweise ganz spezielle Kühlmittel verwendet“, sagt Clysters. Wer hier Fehler macht, riskiere einen Motorschad­en.

Der ADAC geht übrigens davon aus, dass in Zukunft der Wartungsun­d Reparaturb­edarf eines Fahrzeugs direkt online vom Hersteller an den nächsten Vertragspa­rtner gesendet wird. Dann meldet sich die Werkstatt gleich beim Kunden mit einem entspreche­nden Terminvors­chlag für die nächste Inspektion.

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FOTOS: DPA Bei der Inspektion greifen die Werkstätte­n immer häufiger auf elektronis­che Diagnosesy­steme zurück.
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Insbesonde­re sicherheit­srelevante Teile werden kritisch geprüft.
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Der Wechsel des Motoröls ist besonders wichtig bei Inspektion­en.

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