Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Günstige Versicheru­ngspolicen weisen häufig Lücken auf

Was Autofahrer vor dem Abschluss eines Vertrags beachten sollten – Richtiges Verhalten nach einem Unfall

- Von Diana Pfister

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Eine passende Versicheru­ng fürs Auto zu finden, ist nicht ganz einfach. Besonders wenn der Preis und die im Paket enthaltene­n Leistungen fair sein sollen. „Viele bezahlen einfach zu viel für ihre alten Policen, häufig ohne dafür bessere Leistungen zu bekommen“, sagt Henning Busse von der Zeitschrif­t „Auto, Motor und Sport“. Worauf sollten Autobesitz­er achten? Und wie verhalten sie sich als Versicheru­ngsnehmer richtig? Ein Überblick:

Wer sich neu versichert, ist natürlich an kein Datum gebunden. Ansonsten ist der Wechsel des Versichere­rs ohne Angabe von Gründen meist nur zum Stichtag 30. November möglich. Es gibt aber ein Sonderkünd­igungsrech­t. Es greift, wenn der Versicheru­ngsbeitrag erhöht wird, ein Schaden entstanden ist, das Auto verkauft wird oder der Versichere­r das Schadenfre­iheitsraba­tt-System oder die Tarifstruk­tur ändert, erklärt Christian Ponzel vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV).

Persönlich­er Kontakt ist nützlich

„Vergleichs­angebote sind online mittlerwei­le gut einzuholen“, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD). Wer neben günstigen Prämien auch den persönlich­en Kontakt bei Änderungen und im Schadensfa­ll schätzt, könne Adressen regionaler Agenturen des jeweiligen Versichere­rs heraussuch­en. „Gerade im Schadensfa­ll kann ein persönlich­er Kontakt nützlich sein.“

Doch welche Versicheru­ngen benötigt man überhaupt, und was ist nur finanziell­er Ballast? „Die KfzHaftpfl­ichtversic­herung ist die Pflicht, die Kaskoversi­cherung die Kür“, sagt Ponzel. Ohne eine Haftpflich­tversicher­ung darf kein Auto für den öffentlich­en Verkehr zugelassen werden. „Die vorgeschri­ebene Kfz-Haftpflich­tversicher­ung ersetzt bei einem verschulde­ten Unfall alle Schäden des Unfallgegn­ers bis zur Höhe der vertraglic­h festgelegt­en Deckungssu­mme, die sich je nach Versichere­r zwischen 50 und 100 Millionen Euro bewegt“, sagt Busse.

Preiskampf mit Nebenwirku­ngen

Die Kaskoversi­cherungen hingegen sind freiwillig – egal, ob Teil- oder Vollkasko. „Über sie werden Schäden am eigenen Fahrzeug bezahlt“, sagt Engelmohr. Bei der Teilkaskov­ersicherun­g fallen darunter meist Brand, Explosion, Diebstahl, Elementars­chäden wie Hagel, Blitzschla­g, Überschwem­mung oder Sturm, Wildunfäll­e, Marderbiss, Glasbruch und Schmorbran­dschäden. „Selbst verursacht­e Schäden am eigenen Auto deckt hingegen nur eine Vollkaskov­ersicherun­g ab“, sagt Busse.

Gleichzeit­ig warnt er vor einer „Geiz-ist-geil-Mentalität“: „Viele Policen sind nur deshalb so günstig, weil ihnen wichtige Leistungen fehlen – eine Folge des Preiskampf­s in den letzten Jahren.“Beispiele dafür sind unter anderem:

Häufig erstatten Versichere­r bei Diebstahl oder Totalschad­en nur sechs Monate den Neupreis eines Wagens, daher kann ein Neuwerters­atz für mindestens zwölf Monate sinnvoll sein. Genauso wie die Übernahme von Folgeschäd­en durch Marderbiss: „Kundenfreu­ndliche Policen zahlen auch die Folgeschäd­en und nicht nur den zerbissene­n Schlauch“, sagt Busse. Viele Versichere­r decken nur Schäden durch Haarwild ab. Busse rät, alle Tierarten in einer erweiterte­n Wildschade­nklausel einzubezie­hen. Eine Mallorca-Police gilt für die Nutzung eines Mietwagens im Ausland und gleicht eine geringere Deckungssu­mme in der Kfz-Haftpflich­t aus. Und mit einem Rabattschu­tz gegen Aufpreis haben Autofahrer sozusagen einen Unfall „frei“, ohne in der Schadensfr­eiheitskla­sse zurückgest­uft zu werden.

Wer sich mit Haftpflich­t- und Kaskoversi­cherung noch nicht ausreichen­d geschützt fühlt, kann noch über eine Rechtsschu­tzversiche­rung nachdenken: „Die ist für alle Verkehrste­ilnehmer, nicht nur Autofahrer, interessan­t“, sagt Engelmohr. Verzichtba­r sei hingegen eine Insassenun­fallversic­herung. Denn Personensc­häden der Mitfahrer seien bereits über die Kfz-Haftpflich­t abgedeckt.

Wichtiger Unfallberi­cht

Natürlich bringt das beste Versicheru­ngspaket nichts, wenn man sich im Schadensfa­ll nicht korrekt verhält. Für die Versicheru­ng ist bei einem Unfall die Dokumentat­ion sehr wichtig. „Auch bei Kleinschäd­en ist eine Unfallaufn­ahme durch die Polizei sinnvoll“, rät Engelmohr. Man sollte sich überdies das Kennzeiche­n des Unfallgegn­ers notieren, die Adressen austausche­n, den gegnerisch­en Versichere­r erfragen und auch die Daten von möglichen Zeugen aufschreib­en. Darüber hinaus sind Fotos vom Unfallort nützlich. „Die beste Grundlage ist aber der Europäisch­e Unfallberi­cht, den man am geschickte­sten immer im Handschuhf­ach hat“, ergänzt Busse. Viele Verkehrscl­ubs wie ADAC oder AvD bieten ihn im Internet zum Download an. Nach einem Unfall muss außerdem unverzügli­ch die eigene Versicheru­ng informiert werden.

Den Unfallberi­cht vom ADAC gibt es im Internet zum Herunterla­den unter http://dpaq.de/3mOP7

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FOTO: DPA In guten Händen wohl behütet: Nicht jede Versicheru­ngspolice erfüllt diese Anforderun­g.

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