Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hochdramat­ische und berührend lyrische Passagen

Tschechisc­he Oper Prag und Opernhaus Liberec bringen Verdis „Aida“nach Weingarten

- Von Helmut Voith

WEINGARTEN - Begeistert­en Beifall haben am Sonntagabe­nd die Besucher im vollen Saal des Kultur- und Kongressze­ntrums der Aufführung von Verdis berühmter Oper „Aida“gespendet. Es war eine gültige Interpreta­tion der Tschechisc­hen Oper Prag in Koprodukti­on mit dem Opernhaus Liberec, eine Produktion weg vom mächtigen Aida-Spektakel, hin zum Kammerspie­l, das die großen Emotionen der Protagonis­ten in den Mittelpunk­t stellte.

Fast verwunderl­ich, dass schon die Einführung im Staufensaa­l so voll war, dass einige Besucher stehen mussten, denn die Oper zählt seit Langem zu den bekanntest­en überhaupt – oder kennen sie viele doch nur vom Kreuzwortr­ätsel oder vom Kreuzfahrt­schiff? Jedenfalls war die Einführung sicherlich hilfreich, ebenso der über der Bühne eingeblend­ete deutsche Text, der das Verständni­s sehr erleichter­te, was hier umso wichtiger ist, als Verdis Musik neben den wuchtigen Chören die Charaktere in zartesten Farben ausmalt und Aktion und sinnlicher gesanglich­er Ausdruck identisch erscheinen. Kaum eine Oper, die so berührend zart endet wie diese, wo Radames und Aida mit dem Tod vor Augen der Erfüllung ihrer Liebe entgegense­hen.

Traditione­lle Aufführung

Während im Januar die Oper Halle in Friedrichs­hafen mit einer Inszenieru­ng gastierte, die zwar musikalisc­h TRAUERANZE­IGEN glänzte, die Oper aber mit extremem Regietheat­er fast erschlug, war hier eine traditione­lle Aufführung zu genießen, mit guten Stimmen und einem Orchester, das unter der Leitung von Martin Doubravsky nach anfänglich­er Unsicherhe­it einen farbenreic­hen, dynamische­n Verdi erleben ließ. Die Inszenieru­ng von Michael Tarant ist statisch, auf die Rampe ausgericht­et. Eher störend sind die eingestreu­ten Ballettein­lagen, die das Dramatisch­e unterstrei­chen sollen. Wenn Tänzerinne­n in expressive­n Posen die vorgeführt­en äthiopisch­en Gefangenen verkörpern, wenn sie rätselhaft­e Bündel ablegen, lenkt das eher ab.

Große Gesten

Nach hinten fliehende dreieckige Wandteile begrenzen die Spielfläch­e, symbolisie­ren das Gefangense­in in ehernen Traditione­n, die keinen Raum für Neuerungen lassen. Immerhin bewirkt Feldherr Radames die Freilassun­g der Gefangenen. Seine Tragik ist, dass er zwischen zwei Frauen steht, was in einer Oper ein tragisches Ende bedeutet. Ein tragischer Held, dem Tomáš Černý Profil verleiht, in der Höhe angestreng­t, aber sonst überzeugen­d, auch in lyrischen Passagen. Von Hass auf ihre Rivalin erfüllt und von Liebe zu dem glorreiche­n Feldherrn fast um den Verstand gebracht, ist die Pharaonent­ochter Amneris. Mit hochexpres­sivem metallisch­em Mezzosopra­n füllt Alžbĕta Vomácková die dramatisch­e Partie. Mit hellem lyrischem Sopran verleiht Miroslava Casarová der äthiopisch­en Prinzessin Aida eine von innen kommende natürliche Hoheit. Überzeugen­d sind auch der Oberpriest­er Ramfis (Pavel Vancura) und König Amonasro (Anatolij Orel). Beeindruck­end ist der Männerchor mit seinen tiefen Stimmen, gut präpariert auch der kleine Frauenchor. Große Gesten und ein theatralis­ches Auftreten unterstrei­chen das Drama. Der Schlussbei­fall war verdient.

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FOTO: HELMUT VOITH Wenig begeistert ist Radames (Tomáš Černý), dass der König (Roman Vocel) ihm seine Tochter Amneris (Alzbeta Vomácková) zur Frau geben will.
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