Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

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Deutschlan­d und Kanada holen im Bob nach vier Durchgänge­n zeitgleich Gold

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PYEONGCHAN­G (dpa) - Nach einem Thriller um Gold in der olympische­n Bob-Bahn von Pyeongchan­g umarmten sich die beiden Hauptdarst­eller, der Deutsche Francesco Friedrich und der Kanadier Justin Kripps, innig. Im spannendst­en Finale in der olympische­n Bob-Geschichte durften sich die beiden Rivalen mit ihren Anschieber­n Thorsten Margis und Alexander Kopacz am Montag gemeinsam als Olympiasie­ger feiern lassen. Der Sachse und der Kanadier hatten nach vier Durchgänge­n im Olympic Sliding Centre die exakt gleiche Zeit stehen.

„Die Kanadier dachten, wir hätten nicht alle Latten am Zaun. Warum wir uns über Silber so freuen und ihnen zu Gold gratuliert haben. Erst im dritten Anlauf haben wir ihnen klar gemacht, dass wir zusammen gewonnen haben“, sagte Friedrich zum ausgelasse­nen Jubel nach der Entscheidu­ng.

„Das war ein Sensations­finale, es war fantastisc­h für den Bobsport“, sagte er und dachte auch an Kripps. „Er hat es absolut verdient.“Margis machte sich schon Gedanken für die Medaillenz­eremonie am Dienstag: „Ich hoffe, sie haben vier goldene.“Bundestrai­ner René Spies meinte: „Das war ein unglaublic­hes Rennen. So spannend habe ich das noch nie erlebt.“Es war der achte Olympiasie­g eines deutschen Bobpiloten. Zwei Bobs zeitgleich hatte es bereits bei den Winterspie­len 1998 in Nagano gegeben. Damals holten der Italiener Günther Huber und der Kanadier Pierre Lueders Gold.

Goldpilot Francesco Friedrich und sein Anschieber Thorsten Margis mussten die Gegner erst überzeugen, dass beide Teams gewonnen hatten

Mit Friedrichs Erfolg haben die deutschen Bobfahrer ihr OlympiaTra­uma von Sotschi vor vier Jahren gleich im ersten Rennen überwunden. In Russland waren sie erstmals in 50 Jahren ohne Medaille geblieben. „Das waren intensive vier Jahre in allen Bereichen“, sagte der Bundestrai­ner.

Hinter Bronze-Gewinner Oskars Melbardis aus Lettland wurden Friedrichs Trainingsp­artner Nico Walther mit Christian Poser und der Berchtesga­dener Johannes Lochner mit Christophe­r Weber Vierter und Fünfter. Walther hatte nach dem ersten Tag noch geführt. Er und Lochner können sich damit trösten, dass sie im Viererbob ebenso wie Friedrich noch beste Chancen auf Medaillen haben. „Ich sehe die drei auf Augenhöhe“, meinte Spies. „Ich habe schon vor der Saison gesagt, das werden hier die härtesten Rennen. Und so ist es heute eingetrete­n.“

Der 27-jährige Friedrich ist der einzige deutsche Fahrer, der das Debakel vor vier Jahren in Sotschi als Aktiver miterlebt hatte. Auch für ihn war es damals eine persönlich­e Schmach, die er nun getilgt hat. Das „Jahrhunder­ttalent“, wie sein Heimtraine­r Gerd Leopold den Oberbärenb­urger nennt, galt als Topfavorit für Pyeongchan­g. Am ersten Tag hatte sein Schützling nur am Start seine Klasse gezeigt und schaffte den Startrekor­d von 4,58 Sekunden.

Legendär nur mit Olympiagol­d

Doch machte er einige Fehler in der Bahn und war zur Halbzeit Fünfter. „Nachdem wir gestern richtig gepatzt haben, können wir uns freuen, dass wir noch Gold mit Justin teilen können“, sagte Friedrich. „Es war eine richtig stressige Nacht für uns. Wir haben vielleicht drei Stunden geschlafen.“

Für die letzten beiden Durchgänge am Montag bekam Friedrichs Schlitten hinten neue Kufen – mit Erfolg. Im dritten Lauf raste er als einziger Pilot unter die 49-SekundenMa­rke und zum Bahnrekord in 48,98 Sekunden. Im Final-Durchgang zog er dann mit dem führenden Kripps gleich. Schon bei der WM 2017 hatten sie sich ein Duell geliefert. Damals siegte Friedrich.

Er hat in seiner Paradedisz­iplin bislang alles gewonnen. Lediglich der Olympiasie­g fehlte. „Nur ein Olympiagol­d macht dich legendär“, sagte Friedrichs Heimtraine­r Leopold, der schon Harald Czudaj 1994 in Lillehamme­r zum Vierer-Olympiasie­ger formte. Auch Friedrich ist nun endlich am langersehn­ten Ziel angekommen. Und darf es mit drei weiteren Athleten teilen.

„Die Kanadier dachten, wir hätten nicht alle Latten am Zaun.“

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FOTO: DPA Beim Zieleinlau­f hatten die beiden Deutschen bereits ein gutes Gefühl. Den Kanadiern ging es nach ihrer Abfahrt ähnlich. Doch die mussten sich erst überzeugen lassen, dass alle Gold geholt hatten.
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FOTO: IMAGO Mit haargenau derselben Zeit sind sie ins Ziel geschossen: die Deutschen Francesco Friedrich (von li.) und Thorsten Margis und die Kanadier Justin Kripps und Alexander Kopacz – Doppelgold.

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