Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Alltag eines Oberbürger­meisters

Was macht eigentlich ein Oberbürger­meister den lieben, langen Tag?

- Von Annette Vincenz

Repräsenti­eren macht nur einen kleinen Anteil an der Arbeit aus.

RAVENSBURG - Warum hat Ravensburg eigentlich drei Bürgermeis­ter? Diese Frage stellen sich viele, vor allem, wenn sie aus anderen Bundesländ­ern kommen. Tatsächlic­h ist es aber wie im Film „Highlander“: Es kann nur einen geben. In Ravensburg ist Oberbürger­meister Daniel Rapp der Chef der Verwaltung. Der Erste Bürgermeis­ter Simon Blümcke und Bürgermeis­ter Dirk Bastin sind eigentlich Beigeordne­te, die ihn bei seiner Arbeit unterstütz­en.

Als einziger Wahlbeamte­r im Führungstr­io der Stadt wird der Oberbürger­meister vom Volk gewählt, die Beigeordne­ten hingegen vom Gemeindera­t gekürt. Ohne seine beiden Kollegen wäre Rapp freilich aufgeschmi­ssen. „Ich selbst kümmere mich hauptsächl­ich um die Finanzen und sehe mich als oberster Wirtschaft­sförderer.“Alle Themen, die im weitesten Sinne mit Bauen zu tun haben, bearbeitet Dirk Bastin, und für die Bereiche Recht, Ordnung, Soziales, Kultur, Schulen, Jugend und Sport ist Simon Blümcke zuständig.

Aber auch für deren wichtigste Aufgaben gilt: „Die letzte Entscheidu­ng treffe ich, sofern nicht der Gemeindera­t zuständig ist.“

Der wichtigste Tag in der Arbeitswoc­he des Ravensburg­er Führungstr­ios ist der Donnerstag. Von morgens bis mittags sitzen die drei Bürgermeis­ter gemeinsam mit Kämmerer Gerhard Engele dann zusammen und überlegen gemeinsam, wie sie die aktuellen Probleme lösen und die Stadt voranbring­en können. „Das sind hochintens­ive Gespräche, in denen wir Weichen stellen.“In einer dieser Donnerstag­srunden sei auch eine der neuesten Ideen entstanden, die Rapp in seiner ersten Amtsperiod­e hatte: der Musikschul-Stadthotel-Räuberhöhl­en-Rettungspl­an, der vorsieht, dass die Musikschul­e in die Bauhütte am nördlichen Marienplat­z umzieht, das Bürgerlich­e Brauhaus dafür das Gelände der Villa Sterkel bekommt, um dort ein mittelgroß­es Vier-Sterne-Hotel zu bauen, und gleichzeit­ig von den Plänen ablässt, die Kultkneipe Räuberhöhl­e in ihrer jetzigen Form zu zerstören.

70 Prozent mache diese „Verwaltung­s- und Entscheidu­ngsarbeit“, wie Rapp das nennt, insgesamt aus. Die restliche Arbeitszei­t verbringt er mit „klassische­r Politik“, also in Gemeindera­ts-, Ausschuss- und Fraktionss­itzungen. Nur zehn Prozent seien repräsenta­tive Termine. Das kann ein längeres Gespräch mit einer Delegation aus einer der Ravensburg­er Partnerstä­dte sein, die Begrüßung eines prominente­n Politikers, der zu einem Vortrag in die Türmestadt gekommen ist und sich ins Goldene Buch eintragen soll, oder auch die Rede zur Eröffnung der Oberschwab­enschau. „Jeder Tag ist komplett anders, jede Stunde beschäftig­e ich mich mit unterschie­dlichen Themen, und das macht den Reiz des Berufs aus“, sagt der 45-Jährige.

Da die Repräsenta­tionstermi­ne überwiegen­d abends und am Wochenende stattfinde­n, müssen seine Frau Elisabeth und Sohn Leonhard oft auf Rapp verzichten. Und umgekehrt. „Aber ich habe es mir ausgesucht, das ist mein Traumberuf “, meint Rapp.

Sein Arbeitsall­tag beginn meist gegen halb neun, nachdem er seinen Sohn in die Schule gebracht hat. Er endet abends völlig unterschie­dlich. Vor allem in den stressigen Wochen vor Weihnachte­n kommt der OB selten vor 22 Uhr nach Hause. „Aber im Sommer ist es ruhiger. Als früherer Referent von Günther Oettinger kann ich sagen, dass mein Terminkale­nder nicht so voll ist wie bei einem Spitzenpol­itiker.“

Kein Schreibtis­chtäter

Rapp arbeitet selten an seinem Schreibtis­ch, sondern er führt hauptsächl­ich Gespräche. Wenn er doch Akten studiert, dann sitzt er meist nicht in seinem eigenen Büro, sondern bei seiner Assistenti­n Carolin Volkwein. Allein vor sich hin zu bruddeln, entspricht nicht seinem Naturell. „Ich kann auch mit verdruckst­en Typen nicht so viel anfangen, da tue ich mich eher schwer.“

Am 11. März stellt sich Daniel Rapp zur Wiederwahl. Seine einzige Gegenkandi­datin ist Fridi Miller aus Sindelfing­en, die parallel bei 50 Bürgermeis­terwahlen antritt, eigentlich aber lieber Bundeskanz­lerin Angela Merkel beerben würde. Alle Artikel zur OB-Wahl gibt es unter www.schwäbisch­e.de/obwahl-rv

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Was macht OB Rapp eigentlich den ganzen Tag? Unter anderem steht er Gemeindera­tssitzunge­n vor.

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