Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der letzte Feuerwehrmann
Wolfsburg holt Bruno Labbadia, für Manager Olaf Rebbe ist es die letzte Chance
WOLFSBURG (SID/dpa/zak) - Ein typischer „Feuerwehrmann“, noch dazu mindestens einer der letzten seiner Art, soll beim VfL Wolfsburg die vielen Brände löschen: Der abstiegskampferprobte Bruno Labbadia, bekannt unter anderem vom VfB Stuttgart, ist neuer Trainer des kriselnden Werksclubs, der Richtung Zweitklassigkeit taumelt. Labbadia leitete am Dienstagnachmittag erstmals das Training der Wölfe, beim Abstiegs-„Endspiel“am Freitag (20.30 Uhr/Eurosport-Player) gibt er sein Debüt auf der VfL-Bank. Der Vertrag läuft bis 2019.
„Ich fühle mich gut und ausgeruht und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit meiner neuen Mannschaft“, erklärte Labbadia. Auf den 52Jährigen, der den Hamburger SV vor drei Jahren in einer noch viel aussichtsloseren Situation zum Klassenerhalt geführt hatte, wartet jedoch eine schwierige Mission. Nach der richtungweisenden Partie beim aktuellen Relegationsplatzinhabers Mainz – im Vorjahr setzte sich Wolfsburg nur knapp im Nachsitzen gegen Braunschweig durch –, folgen Duelle gegen die Topteams Leverkusen, Hoffenheim und Schalke. Und im Verein herrscht eine Untergangsstimmung.
Sportdirektor Olaf Rebbe, der sich keinen weiteren Fehlgriff auf der Trainerposition erlauben darf, setzt alle Hoffnungen auf den neuen Mann: „Bruno Labbadia ist ein sehr erfahrener Trainer, der seine Qualitäten in der Bundesliga schon mehrfach unter Beweis gestellt hat.“Auch Jens Keller, Lucien Favre und Markus Weinzierl wurden als Nachfolger für Martin Schmidt gehandelt, der den VfL mit seinem Rücktritt am Montag überrascht hatte.
Auch der Ausblick auf die zum Abstiegsendspiel ausgerufene Partie bei seinem Ex-Club Mainz soll Schmidt zu diesem Schritt bewogen haben, er befürchtete einen Spießrutenlauf und fehlende Rückendeckung bei einer Niederlage. Wohl nicht zu Unrecht. In 19 Bundesligaspielen unter seiner Regie kamen die Niedersachsen auch aufgrund von elf Remis nur auf 20 Zähler – macht einen miserablen Punkteschnitt von 0,95 Zählern. Mit so einer Bilanz steigt man ab.
Dass Schmidt nur wenige Tage nach den Rücktrittsgerüchten um Rebbe seinen Posten niederlegte, lässt aufhorchen. Zwar hatte der Club dies dementiert und dem Sportdirektor den Rücken gestärkt, doch Rebbe steht mehr denn je unter Druck. Scheitert Labbadia, scheitert auch der junge Nachfolger von Klaus Allofs – angeblich befindet sich der Club in Gesprächen mit einem möglichen Nachfolger, etwa Jörg Schmadtke, zuletzt mit anfänglich großem Erfolg in Köln tätig und einst beim Nachbarn Hannover.
Die Probleme des VfL liegen aber tiefer. Begleitet wird die sportliche Talfahrt von einer Führungskrise, die hausgemacht ist. Derzeit erledigt in Tim Schumacher ein Geschäftsführer die Arbeit von einst vier Leuten. Ein Jurist ohne Fußball-Hintergrund. Rebbe wurde die Aufnahme in die Geschäftsführung verwehrt, dadurch wurde seine Position intern wie extern geschwächt. Unterstützung erhält der Manager-Novize, der ebenfalls nicht aus dem Profifußball kommt, so gut wie keine. Mehr als 100 Millionen Euro für neue Spieler gab der 39-Jährige in seiner jungen Karriere bereits aus, und in nicht einmal einem Jahr holte er in Andries Jonker, Schmidt und nun Labbadia drei Trainer.
Nur die Gehälter sind spitze
Ein starkes Duo wie einst Klaus Allofs/ Dieter Hecking, das die sportlichen Interessen des Vereins im VW-Konzern offensiv vorbringen und Erfolge wie den Pokalsieg und die Vizemeisterschaft 2015 feiern konnte, ist nicht in Sicht. Volkswagen hat noch immer mit den Auswirkungen der Abgas-Affäre zu kämpfen, das Wohlergehen der Tochtergesellschaft VfL ist da zweitrangig.
Manche Fans befürchten, dass einige Spieler ähnlich denken. Ein großer Zusammenhalt der qualitativ guten und üppig bezahlten Einzelspieler war auch in dieser Saison nicht zu erkennen. Hier wird Labbadia in seiner siebten Trainerstation ansetzen müssen. Immerhin zahlt Wolfsburg mit geschätzten 134 Millionen Euro (Jahr 2016) laut UEFA-Finanzreport die hinter Bayern und Dortmund mit Abstand dritthöchsten Gehälter der Liga und ist damit die Nr. 16 in Europa.