Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Saubermann mit bescheidenen Zukunftsaussichten
Mit dem Nexo will Hyundai die Brennstoffzelle doch noch zum Erfolg führen
Die elektrische Revolution ist in vollem Gange, und angestachelt von Elon Musk und seinen Teslas arbeitet mittlerweile die ganze Branche am Akku-Auto. Die ganze Branche? Nein. Denn ein paar Hersteller wollen sich nicht allein auf Lithium-Ionen-Zellen verlassen und halten deshalb eine Idee am Leben, die seit bald einem halben Jahrhundert virulent ist und so langsam greifbar wird. Die Brennstoffzelle. Nachdem Toyota und Honda mit Mirai und Clarity bereits zwei designierte Brennstoffzellen-Autos auf der Straße haben, zündet jetzt auch Hyundai die nächste Stufe in seinem Ökoplan: Dem in Kleinserie umgerüsteten iX35 folgt nun der um die Brennstoffzelle herum gebaute Nexo. Er soll in Deutschland nach den Sommerferien in den Handel kommen und – wenn alles glatt geht – knapp unter 60 000 Euro kosten.
Dafür erhalten Käufer dann ein SUV, das mit 4,67 Metern Länge etwa das Format des Santa Fe hat, das aber mit seinem eigenwilligen, von LEDStreben durchzogenen Gesicht, dem aerodynamisch optimierten Kaskadengrill und den versenkbaren Türgriffen gehörig nach Zukunft aussieht. Auch innen geht es moderner zu als in jedem anderen Hyundai. Zwar frisst die endlos breite Mittelkonsole viel Platz, und die vielen Schalter darauf gehören nicht unbedingt zu den edelsten der Autowelt. Doch dank des komplett digitalen Cockpits und der Projektion der elektronischen Rückspiegel hinter das Lenkrad fühlt man sich am Steuer des Nexo ein bisschen wie Captain Kirk an Bord der Enterprise.
Flüsterleise und flott
Das gilt auch beim Fahren. Denn von der kalten Verbrennung des Wasserstoffs, bei der – neben dem Strom – als einziges Abgas Wasserdampf entsteht, bekommt man nichts mit. Sondern wie jedes andere Elektroauto auch surrt der Hyundai flüsterleise und flott über die Straße. Angetrieben von einem Elektromotor mit 163 Pferdchen und 395 Newtonmetern schnurrt der zwei Tonnen schwere Wagen in 9,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und schwimmt selbst auf der Autobahn souverän im Verkehr mit. Erst bei 179 km/h drehen ihm die Koreaner den Saft ab.
Und anders als bei herkömmlichen Elektroautos muss man dabei nicht einmal um die Reichweite fürchten. Der entsprechende Balken im Kombiinstrument schrumpft nur ganz langsam, und wenn die drei Karbontanks unter dem Kofferraum und dem Rücksitz nach etwa 600 Kilometern, die der Hersteller verspricht, tatsächlich leer sind, muss man nicht stundenlang an eine Steckdose, sondern kann den Nexo in fünf Minuten wieder voll tanken.
Aber die Koreaner wollen nicht nur mit dem sauberen Antrieb punkten. Sondern Projektleiter Sae Hoon Kim will mit dem Nexo auch ein weiteres Zukunftsfeld besetzen: das autonome Fahren. Schon das Serienauto kann deshalb unbemannt ein- und ausparken sowie auf der Autobahn so gut die Spur und den Abstand halten, dass sich der Fahrer entspannt zurücklehnen darf und die Hände nur noch lässig ans Lenkrad legen muss. Und die ersten Prototypen surren längst völlig autonom durch Korea – und profitieren dabei durchaus von der neuen Antriebstechnik, sagt Sae Hoon Kim. Denn anders als bei Verbrennern oder herkömmlichen Elektroautos erhielten die zahlreichen Sensoren und Prozessoren, die fürs autonome Fahren unabdingbar sind, immer genügend Strom.
Die Idee mit der Brennstoffzelle ist nicht schlecht, und Autos wie der Nexo beweisen, dass die Nutzung von Wasserstoff eigentlich eine Zukunft haben könnte. Doch bei allem Respekt vor Hyundai und natürlich vor Toyota und Honda, die mit Mirai und Clarity schon seit zwei Jahren am Markt sind: Die Chancen stehen eher schlecht. Denn nachdem sich alle Welt dem Druck zur Entwicklung reiner Elektroautos gebeugt hat, fehlen vielerorts die Mittel und die Motivation, um die Arbeiten an Wasserstoffautos voranzutreiben.
Das gilt übrigens nicht nur für die Fahrzeughersteller, die sich wie der VW-Konzern ganz aus dem Thema verabschiedet haben oder ihre fertig entwickelten Autos wie Mercedes eher als Pflichtübung auf den Markt schicken. Sondern das betrifft auch diejenigen, die für den Aufbau einer Infrastruktur verantwortlich sind. Und das könnte – neben dem üppigen Preis der Autos – der größte Haken werden. Denn was bringt eine Tankzeit von fünf Minuten, wenn man vorher Stunden zur nächsten Wasserstoff-Zapfstelle fahren muss? Derzeit gibt es rund 100 entsprechende Tankstellen in ganz Deutschland. Erst im Jahr 2023 soll die Zahl auf etwa 400 wachsen.