Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rentner streitet sich mit dem KBZO
Körperbehindertenzentrum Oberschwaben meldet falsche Steuerklasse beim Finanzamt
Parteien können sich nicht einigen und der Fall landet vor Gericht.
WEINGARTEN - Hermann Pleinert ist immer noch verärgert. 844,54 Euro musste der Weingartener Rentner an Steuern nachzahlen, weil das KBZO als Arbeitgeber seines Minijobs im Jahr 2014 anstatt einer Pauschalbesteuerung die Steuerklasse IV beim Finanzamt angegeben hatte.
Pleinert gibt offen zu, dass er sich keine Gedanken gemacht hatte, wie der Minijob als Fahrer bei der KBZO zu besteuern sei. Er ging davon aus, dass er monatlich 450 Euro bekommt, abzüglich eines Betrags für die Rentenkasse. Die Abrechnungen, die er während des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem 1. April und und dem 31. Dezember 2014 erhielt, hat er sich kaum angesehen. Die Summe von 432,45 Euro, wie im Einstellungsgespräch vereinbart, sei immer pünktlich überwiesen worden. Pleinert machte sich keine Gedanken, schließlich sei es bislang immer so gewesen, wenn er einen Minijob gehabt hatte.
Böses Erwachen
Ein böses Erwachen für ihn gab es allerdings, als der Einkommensteuerbescheid für ihn und seine Frau im Jahr 2015 ins Haus flatterte. Aufgrund der Einstufung in Steuerklasse IV beanstandete das Finanzamt eine Nachzahlung von 844,54 Euro. Pleinert ging zum Lohnsteuerhilfeverein und ließ sich beraten. Das Ehepaar legte Einspruch gegen die Besteuerung ein, jedoch war die Frist bereits abgelaufen. Der Rentner beantragte beim Finanzamt eine Ratenzahlung, da er wegen seiner schmalen Rente von 406 Euro die Summe nicht sofort aufbringen konnte. Doch damit war für den 68Jährigen der Fall nicht erledigt. Er fühlte sich ungerecht behandelt, denn in einem Schreiben vom September 2015 gab das KBZO zu, einen Fehler begangen zu haben. Für den Zeitraum der Beschäftigung „wurde für Hermann Pleinert die Lohnsteuerklasse IV angewendet“, heißt es dort. „Dieses ist, wie wir nun festgestellt haben, nicht richtig, da nach ihrer Auskunft Frau Pleinert in diesem Zeitraum einer Beschäftigung nachging. Für Herrn Pleinert hätte somit für den oben genannten Zeitraum die Zwei-Prozent-Pauschalversteuerung verwendet werden müssen.“Ein Fehler mit erheblichen Folgen.
Der Rentner sah sich im Recht und klagte bei Gericht auf Schadensersatzanspruch in Höhe von 844,54 Euro. Vergeblich. Am 10. November 2017 wies das Arbeitsgericht Ulm die Klage ab. Die Gründe: Pleinert hätte aufgrund seiner Abrechnung erkennen können, dass er in einer falschen Steuerklasse sei. Außerdem sei das Schreiben des KBZO vom September 2015 kein Schuldeingeständnis. Und: Der Arbeitgeber – in diesem Fall das KBZO – hat nicht die Pflicht, darauf hinzuweisen, welche Art der Besteuerung er wählt. Ob er also eine Pauschalbesteuerung mit zwei Prozent wählt, bei der beim Arbeitnehmer keine Steuern anfallen, oder eine individuelle Besteuerung nach Steuerklassen. Bei Letzterem können Steuern anfallen. Das Gericht berief sich dabei auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. November 2014. Dort wurde ein ähnlicher Fall verhandelt. Auch hier entschied das Gericht zugunsten des Arbeitgebers.
Und was sagt das KBZO zu diesem Fall? In einer Stellungnahme beruft sich die Stiftung auf das Urteil des Gerichts und betont die Eigenverantwortung des Rentners. „Das Gericht hat außerdem darauf hingewiesen, dass die Art der Besteuerung auf der Gehaltsabrechnung erkennbar ist und H. Pleinert den Arbeitgeber auf eine mögliche fehlerhafte Besteuerung hätte aufmerksam machen müssen“, so der Wortlaut. „Wir bedauern die Folgen für H. Pleinert, haben uns jedoch rechtlich völlig korrekt verhalten.“
KBZO beruft sich auf Urteil
Rechtlich mag sich das KBZO korrekt verhalten haben. Dennoch: Ist es allgemein bekannt, dass der Arbeitgeber bei 450-Euro-Jobs die Besteuerung frei wählen kann und die Verantwortung dafür beim Arbeitnehmer liegt? „Nein“, sagt Pleinerts Anwalt Norbert Kopfsguter. „Das wissen die wenigsten Arbeitnehmer.“Und es bleibt die Frage, warum das KBZO sich nicht mit Hermann Pleinert geeinigt hat. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“äußerte sich der Rentner, dass er dazu bereit gewesen wäre. Außerdem hätte vor dem Prozess die Chance bestanden, sich zu einigen. Das aber scheiterte. Auf SZ-Nachfrage, weshalb es keine Einigung mit Hermann Pleinert gab, berief sich das KBZO erneut auf das Urteil des Arbeitsgerichts. „Im Urteil kommt eindeutig zum Ausdruck, dass sich die Stiftung KBZO an alle rechtlichen Bestimmungen gehalten hat“, heißt es in der Stellungnahme. „Aus diesem Grund können wir Herrn Pleinert keine finanzielle Besserstellung anbieten.“