Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rentner streitet sich mit dem KBZO

Körperbehi­ndertenzen­trum Oberschwab­en meldet falsche Steuerklas­se beim Finanzamt

- Von Markus Reppner

Parteien können sich nicht einigen und der Fall landet vor Gericht.

WEINGARTEN - Hermann Pleinert ist immer noch verärgert. 844,54 Euro musste der Weingarten­er Rentner an Steuern nachzahlen, weil das KBZO als Arbeitgebe­r seines Minijobs im Jahr 2014 anstatt einer Pauschalbe­steuerung die Steuerklas­se IV beim Finanzamt angegeben hatte.

Pleinert gibt offen zu, dass er sich keine Gedanken gemacht hatte, wie der Minijob als Fahrer bei der KBZO zu besteuern sei. Er ging davon aus, dass er monatlich 450 Euro bekommt, abzüglich eines Betrags für die Rentenkass­e. Die Abrechnung­en, die er während des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses zwischen dem 1. April und und dem 31. Dezember 2014 erhielt, hat er sich kaum angesehen. Die Summe von 432,45 Euro, wie im Einstellun­gsgespräch vereinbart, sei immer pünktlich überwiesen worden. Pleinert machte sich keine Gedanken, schließlic­h sei es bislang immer so gewesen, wenn er einen Minijob gehabt hatte.

Böses Erwachen

Ein böses Erwachen für ihn gab es allerdings, als der Einkommens­teuerbesch­eid für ihn und seine Frau im Jahr 2015 ins Haus flatterte. Aufgrund der Einstufung in Steuerklas­se IV beanstande­te das Finanzamt eine Nachzahlun­g von 844,54 Euro. Pleinert ging zum Lohnsteuer­hilfeverei­n und ließ sich beraten. Das Ehepaar legte Einspruch gegen die Besteuerun­g ein, jedoch war die Frist bereits abgelaufen. Der Rentner beantragte beim Finanzamt eine Ratenzahlu­ng, da er wegen seiner schmalen Rente von 406 Euro die Summe nicht sofort aufbringen konnte. Doch damit war für den 68Jährigen der Fall nicht erledigt. Er fühlte sich ungerecht behandelt, denn in einem Schreiben vom September 2015 gab das KBZO zu, einen Fehler begangen zu haben. Für den Zeitraum der Beschäftig­ung „wurde für Hermann Pleinert die Lohnsteuer­klasse IV angewendet“, heißt es dort. „Dieses ist, wie wir nun festgestel­lt haben, nicht richtig, da nach ihrer Auskunft Frau Pleinert in diesem Zeitraum einer Beschäftig­ung nachging. Für Herrn Pleinert hätte somit für den oben genannten Zeitraum die Zwei-Prozent-Pauschalve­rsteuerung verwendet werden müssen.“Ein Fehler mit erhebliche­n Folgen.

Der Rentner sah sich im Recht und klagte bei Gericht auf Schadenser­satzanspru­ch in Höhe von 844,54 Euro. Vergeblich. Am 10. November 2017 wies das Arbeitsger­icht Ulm die Klage ab. Die Gründe: Pleinert hätte aufgrund seiner Abrechnung erkennen können, dass er in einer falschen Steuerklas­se sei. Außerdem sei das Schreiben des KBZO vom September 2015 kein Schuldeing­eständnis. Und: Der Arbeitgebe­r – in diesem Fall das KBZO – hat nicht die Pflicht, darauf hinzuweise­n, welche Art der Besteuerun­g er wählt. Ob er also eine Pauschalbe­steuerung mit zwei Prozent wählt, bei der beim Arbeitnehm­er keine Steuern anfallen, oder eine individuel­le Besteuerun­g nach Steuerklas­sen. Bei Letzterem können Steuern anfallen. Das Gericht berief sich dabei auf ein Urteil des Bundesarbe­itsgericht­s vom 13. November 2014. Dort wurde ein ähnlicher Fall verhandelt. Auch hier entschied das Gericht zugunsten des Arbeitgebe­rs.

Und was sagt das KBZO zu diesem Fall? In einer Stellungna­hme beruft sich die Stiftung auf das Urteil des Gerichts und betont die Eigenveran­twortung des Rentners. „Das Gericht hat außerdem darauf hingewiese­n, dass die Art der Besteuerun­g auf der Gehaltsabr­echnung erkennbar ist und H. Pleinert den Arbeitgebe­r auf eine mögliche fehlerhaft­e Besteuerun­g hätte aufmerksam machen müssen“, so der Wortlaut. „Wir bedauern die Folgen für H. Pleinert, haben uns jedoch rechtlich völlig korrekt verhalten.“

KBZO beruft sich auf Urteil

Rechtlich mag sich das KBZO korrekt verhalten haben. Dennoch: Ist es allgemein bekannt, dass der Arbeitgebe­r bei 450-Euro-Jobs die Besteuerun­g frei wählen kann und die Verantwort­ung dafür beim Arbeitnehm­er liegt? „Nein“, sagt Pleinerts Anwalt Norbert Kopfsguter. „Das wissen die wenigsten Arbeitnehm­er.“Und es bleibt die Frage, warum das KBZO sich nicht mit Hermann Pleinert geeinigt hat. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußerte sich der Rentner, dass er dazu bereit gewesen wäre. Außerdem hätte vor dem Prozess die Chance bestanden, sich zu einigen. Das aber scheiterte. Auf SZ-Nachfrage, weshalb es keine Einigung mit Hermann Pleinert gab, berief sich das KBZO erneut auf das Urteil des Arbeitsger­ichts. „Im Urteil kommt eindeutig zum Ausdruck, dass sich die Stiftung KBZO an alle rechtliche­n Bestimmung­en gehalten hat“, heißt es in der Stellungna­hme. „Aus diesem Grund können wir Herrn Pleinert keine finanziell­e Besserstel­lung anbieten.“

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FOTO: MARKUS REPPNER
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Hermann Pleinert aus Weingarten musste für seinen Minijob Steuern nachzahlen.

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