Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ich spiele mit dem Gedanken, 2019 für den Kreistag zu kandidieren“
Torsten Hopperdietzel über seine Abwahl als Kreisbehindertenbeauftragter und die Reaktionen darauf
RAVENSBURG - Vor knapp drei Wochen ist Torsten Hopperdietzel vom Ravensburger Kreistag als Kreisbehindertenbeauftragter abgewählt worden. Zwei Jahre lang hat der 44-Jähirge aus Baindt das Ehrenamt begleitet. Jetzt übernehmen es mit Selda Arslantekin aus Leutkirch und Jürgen Malcher aus Grünkraut zwei „Neue“. Jasmin Bühler hat mit Hopperdietzel über seine Abwahl und seine Pläne für die Zukunft gesprochen.
Herr Hopperdietzel, wie fühlen Sie sich nach der Abwahl? Sind Sie enttäuscht?
Es geht nicht um mich als Person, sondern um die Frage, wie Sozialpolitik bei uns sein soll. Und hier muss ich sagen: Unsere Städte und Gemeinden haben 28 Monate lang Millionen in die bauliche Barrierefreiheit investiert. Auslöser für diese Verbesserungen waren unter anderem Anhörungen und die Beteiligung behinderter Menschen. Das sind positive Ergebnisse, die keinen Raum für Enttäuschung lassen.
Sie sprechen das Mitwirken von Menschen mit Behinderung an. An der Wahl am 22. März waren diese aber nicht beteiligt, darüber hat der Kreistag entschieden. Wie erklären Sie sich, dass sich die Mehrheit der Kreisräte nicht für Ihre Wiederwahl ausgesprochen hat?
Kürzlich haben mir die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen eine erfolgreiche und wertvolle Arbeit bescheinigt. Zuletzt haben deren Vertreter im Januar und Februar den Wunsch meiner weiteren Bestellung an die Kreisverwaltung und Kreispolitik adressiert. Auf dieser Grundlage hatte ich kandidiert. Vom Auswahlverfahren wie auch von der Wahl der Behindertenbeauftragten waren die Menschen mit Behinderungen und ihre Interessenvertretungen jedoch ausgeschlossen.
Ist das Ihrer Ansicht nach ein Fehler?
Inklusion bedeutet für mich, Menschen mit Behinderung in den sie betreffenden Angelegenheiten zu fragen, sie auf gleicher Augenhöhe mitentscheiden zu lassen. Das sind allerdings Überzeugungen, die nicht jedem gefallen.
Das hört sich an, als ob Sie wegen dieser Auffassung für den einen oder anderen „unbequem“waren.
Mit mir kann man Verbesserungen verhandeln, für schlechte Kompromisse zum Nachteil behinderter Menschen stehe ich nicht zur Verfügung.
Wie sind die Reaktionen?
In privaten Zuschriften werde ich gebeten, mich weiterhin für die behinderten Menschen einzusetzen. Im Zentrum steht dabei meist der Wunsch nach unabhängiger Beratung, verbesserten Regelungen im Bereich der Eingliederungshilfe sowie Mobilität und Barrierefreiheit.
Werden Sie sich trotz allem weiterhin engagieren?
Ja, denn ich möchte das Menschen mit Behinderungen in unseren Städten und Gemeinden teilhabend und selbstbestimmt leben können. Dafür braucht es unter anderem barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum, zukunftsweisende Mobilitätskonzepte und funktionierende Assistenzsysteme. Ebenso braucht es eine inklusive Arbeits-, Bildungs- und Gesundheitslandschaft. Im Herbst habe ich der Kreisverwaltung Vorschläge für eine barrierefreie und inklusive Weiterentwicklung des Landkreis vorgelegt. Darin spiegeln sich die Anregungen und Wünsche der Menschen mit Behinderungen sowie der Städte und Gemeinden wieder. Ob sie umgesetzt werden, liegt nicht mehr in meiner Hand.
Wie könnte denn mehr politische Beteiligung erreicht werden?
Ich setze mich seit geraumer Zeit für die Gründung eines Kreisbehindertenbeirats ein. Denn Inklusion braucht starke Interessenvertretungen, die behinderungsübergreifend zusammenarbeiten. Die Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige brauchen überall Ansprechpartner. Die Lösung dafür können Behindertenbeauftragte in allen Städten und Gemeinden des Landkreises sein.
Und wie geht es mit Ihnen persönlich weiter?
Ich spiele mit dem Gedanken, im Jahr 2019 für den Kreistag zu kandidieren. Bei dieser Wahl können sich die Menschen mit Behinderung direkt beteiligen und als Kreisrat kann ich ihnen eine Stimme geben.