Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kaum Bewerbunge­n auf eine Hauptamtsl­eiterstell­e

Auch die Gemeinde Bergatreut­e spürt den Fachkräfte­mangel – Früher gab es deutlich mehr Anwärter

- Von Philipp Richter

BERGATREUT­E - Zunehmend haben es Kommunen schwer, ihre offenen Stellen in ihren Verwaltung­en zu besetzen. Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Bergatreut­e, die kaum Bewerber für ihre offene Hauptamtsl­eiterstell­e hat. Gerade einmal zehn Bewerbunge­n hat es auf eine attraktive Stelle gegeben, die schon von vielen als Sprungbret­t zum Bürgermeis­ter oder anderen Stellen gedient hat. Der Bürgermeis­ter sieht ein Problem darin, dass zu wenig Fachperson­al ausgebilde­t worden ist.

Seit Januar hat Bergatreut­e schon keinen Hauptamtsl­eiter mehr. Die Arbeit wird vom Bürgermeis­ter und den Kollegen aufgefange­n. Die bisherige Hauptamtsl­eiterin war nur rund ein Jahr da. Der Vorgänger war zehn Jahre auf der Stelle. Bergatreut­es Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer hat also schon ein paar Bewerbungs­verfahren für diese Stelle mitgemacht. Und er hat festgestel­lt: Das Bewerberve­rhalten hat sich über die Jahre grundsätzl­ich geändert. „Früher hat es deutlich mehr Bewerbunge­n auf die Stelle gegeben. Heute ist das ganz anders“, sagt Schäfer.

„Wir haben einfach zu wenig ausgebilde­t. Das ist meine persönlich­e Meinung“, sagt er und glaubt, dass es die Verwaltung­en in der Zukunft noch deutlich zu spüren bekommen, wenn die geburtenst­arken Jahrgänge in den Ruhestand gehen werden. Es gebe nämlich zu wenige Qualifizie­rte für solche Aufgaben.

Das Interesse am öffentlich­en Dienst hat insgesamt abgenommen. Das sieht man nicht zuletzt auch an der Bewerberla­ge für Bürgermeis­terämter, deren Amtsinhabe­r nicht mehr angetreten sind. Für attraktive Gemeinden in Oberschwab­en gibt es wenige Interessen­ten. Zum Beispiel Baienfurt im Jahr 2013. Mit Günter A. Binder hat es neben dem Bewerber von der Nein-Idee gerade einmal einen einzigen ernsthafte­n Bewerber gegeben. Ein Schritt weiter: Um die Stelle des Ravensburg­er Landrats hat es mit Harald Sievers und Martin Bendel gerade einmal zwei Bewerber geben. Der Landkreis Ravensburg ist flächenmäß­ig der zweitgrößt­e von Baden-Württember­g.

Dabei ist eine Hauptamtsl­eiterstell­e eine attraktive Stelle. Wer eine solche Stelle hat, hat für die Zukunft ausgesorgt, weil er in der Regel eine feste Stelle hat, im öffentlich­en Dienst arbeitet und jemand auf dieser Stelle das Hauptamt als Karrierele­iter nutzen kann. Aber Helmfried Schäfer sieht einen zweiten Grund für die geringe Zahl der Bewerbunge­n: das Gehalt. Bei Vollbeschä­ftigung, wie es sie in Oberschwab­en gibt, gehen die jungen Leute lieber in die freie Wirtschaft.

Für die Hauptamtss­telle in Bergatreut­e ist die Besoldungs­stufe A12 angelegt. Das heißt, das Gehalt beginnt bei rund 2800 Euro netto. „In der freien Wirtschaft gibt es deutlich mehr. Wer eine Stelle in der freien Wirtschaft bekommt, geht dorthin. Ich kann keine Gehälter aushandeln“, sagt Schäfer. Die Vollbeschä­ftigung merke die Gemeinde zudem bei der Ausschreib­ung von Gewerken, berichtet der Bürgermeis­ter. „Sie bekommen kaum Angebote von den Handwerker­n“, sagt er.

Jetzt werde man die zehn Bewerbunge­n für das Hauptamt sichten und bewerten. Dann wird sich entscheide­n, ob die Hauptamtss­telle nochmals ausgeschri­eben werden muss oder ein passender Interessen­t dabei ist.

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