Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nachwuchssorgen bei Schweizergarde
„Generation Z“steht nicht mehr auf Militär und Glauben
GLARUS (KNA) - Für die Schweizergarde wird es in nächster Zukunft schwieriger, Nachwuchs zu finden. Ab 2020 werden sich die geburtenschwachen Jahrgänge bemerkbar machen.
Bernhard Messmer, einst selbst Gardist, ist bei der päpstlichen Schutztruppe für die Rekrutierung zuständig. „Es kommen einige schwierige Jahre auf uns zu“, sagt der 56-jährige Peronalexperte. Er hat ein Blatt mit einer Statistik auf den Tisch gelegt. Darauf ist die Kurve der Geburten männlicher Kinder von 1990 bis 2015 zu sehen, vom Schweizer Bundesamt für Statistik. Zwischen 1995 und 2005, die Geburtsjahre der sogenannten Generation Z, zeigt die Kurve steil nach unten. Problematisch wird es für die Garde demnach vor allem ab 2020 bis 2025. Messmer sieht die Lage indes „jetzt schon kritisch“.
Auch die wirtschaftliche Entwicklung spielt dabei eine Rolle. „Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, ist es für uns tendenziell einfacher, Kandidaten zu finden“, sagt Messmer. Heute machten Arbeitgeber einem Lehrabgänger mit gutem Abschluss Angebote, mit denen die Garde nicht mithalten könne.
Zudem hadert Messmer mit der „Generation Z“. „Diese Generation hat andere Werte und Vorstellungen.“Ihr sei etwa der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit wichtig. „Da büßen militärische Organisationen und auch wir an Attraktivität ein.“Auch bei der Schweizergarde gebe es Aufgaben, die nun mal nicht attraktiv seien, zum Beispiel der Wachdienst. Messmer hat nach eigenen Worten noch nie erlebt, dass ein Interessent wegen negativer Erlebnisse in der Schweizer Rekrutenschule vor einem Einsatz bei der Garde zurückgeschreckt sei. Es komme aber vor, dass Kandidaten nach dem Umgangston fragten. Der sei bei der Garde anders. „Auch wir sind eine militärische, hierarchisch aufgebaute Organisation, pflegen jedoch eine andere Kultur.“
Gesucht sind für die Schweizergarde nicht nur Männer mit einer Affinität zum Militär. Sie müssen auch aktiv am Kirchenleben teilnehmen. Man könne dort keine reinen Kampfsäue brauchen, so Messmer, „die zwar aus jeder Position schießen können, vom Rest aber keine Ahnung haben“. Tendenziell gehe die Zahl praktizierender Katholiken zurück, räumt er ein. Aber: „Wir leben unseren Glauben und gehen jeden Sonntag zur Messe. Da macht jeder mit. Da diskutieren wir nicht.“
Der Personalfachmann glaubt, dass viele Junge zwar schon mit Mitte 20 dank guter Ausbildungen über sehr viel Fachkompetenz verfügten, aber in der persönlichen Entwicklung hinterherhinkten. Für sie biete ein Einsatz in der Garde die Möglichkeit, auch in diesem Bereich weiterzukommen.
„Die ganze Welt kommt nach Rom. Als Gardist kann ich an Ereig- nissen teilnehmen, wie es später nie mehr möglich sein wird“, schwärmt Messmer, der von 1982 bis 1984 selbst in der Garde diente. Und: „Ich lerne, mich einzuordnen, unterzuordnen und ein Bekenntnis abzulegen, dass ich mich für diese Sache vorbehaltlos einsetze.“
Mit einem YouTube-Video macht die Garde seit Januar Werbung und gibt Einblick in die Tätigkeit und das Leben als Gardist. Auch sollen Kandidaten die Bewerbungsunterlagen künftig elektronisch ausfüllen und einsenden können. Ein Schritt der Schweizergrade in Richtung Generationen Y und Z.