Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Blutritt ist eher christliches Traditionsfest“
Nach Aussage zum „Volksfest-Charakter“von Dekan Schmid gehen Meinungen auseinander
WEINGARTEN - „Man reitet draußen auf dem Ösch durch Passagen, da hat man den Eindruck, es handelt sich um ein Volksfest“, sagte Dekan Ekkehard Schmid unlängst im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“und sorgte damit für reichlich Diskussionsstoff. Doch was sagen die Weingartener Bürger über den heutigen Charakter des Blutritts? SZ-Mitarbeiterin Theresa Komprecht hat sich am Mittwoch auf dem Markt umgehört – und ganz unterschiedliche Meinungen eingefangen.
Brigitte Maihöfer aus Bad Waldsee fährt schon seit vielen Jahren am Blutfreitag nach Weingarten. Sie erinnert sich, dass es damals weniger Pferde als heute gab, aber dennoch ein Karussell für die Kleinen. Mittlerweile ist der Blutritt um einiges gewachsen und gilt als die größte Reiterprozession in Europa. Dass damit geworben wird, empfindet sie als störend, denn „das ist ja nicht der Sinn der Sache. Es geht um die Anbetung Jesu, die geistliche Dimension des Blutrittes ist viel wichtiger als die Anzahl der Reiter.“Auf den Straßen in der Stadt seien natürlich viele „Gucker“, doch später auf der Flur werde es sehr meditativ. Besonders gern geht sie in den Klosterhof, wenn das Heilige Blut wieder zurückkommt. Dann herrsche eine ganz religiöse Stimmung, erzählt sie. Für Maihöfer handelt es sich beim Blutritt vor allem um ein sehr schönes Glaubensbekenntnis.
Das ist die Reiterprozession auch für Karl-Heinz Krause aus Weingarten, der seit vielen Jahren selbst mitreitet. Er sieht keinen Volksfestcharakter im Blutritt und fühlt sich durch diese Aussage eher befremdet. „Die Teilnahme ist für jeden Reiter ein großer Aufwand – für Gott –, den ich nicht für ein Volksfest auf mich nehmen würde“, argumentiert er. Während des Ritts müsse manchmal gesprochen werden, doch man spreche nicht über das Wetter der letzten Woche, sondern über Organisatorisches.
Für Dorothee Büker aus der Ravensburger Weststadt lässt sich das Religiöse und Weltliche beim Blutritt nicht klar trennen. „Das ist auch in Ordnung so. Für mich gehört beides zusammen am Blutfreitag“, sagt sie. Zwei weitere Weingartnerinnen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, sind ähnlicher Meinung. Die Reiterprozession ist für sie nicht unbedingt ein Volksfest, doch die Musikkapellen in der Stadt verleihen ihr einen weltlichen Charakter. „Der Blutritt ist eher ein christliches Traditionsfest“, einigen sie sich.
Louis Maucher aus Weingarten sieht in der Prozession mehrere Charaktere. „Ich komme mir in der Stadt nicht vor wie auf einer Prozession, im späteren Verlauf jedoch umso mehr“, erzählt er. Seit er klein ist, schaut er sich jedes Jahr den Blutritt an und hatte schon bald den Wunsch mitzureiten. Als Ministrant hat er diese Chance und wird dieses Jahr zum fünften Mal dabei sein. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass es am Blutfreitag um mehr als nur schöne Pferde gehe. „Das Ganze hat etwas mit unserem Glauben zu tun und einen tieferen Hintergrund.“
Wie ist Ihre Meinung dazu: Leidet die christiche Tradition, weil der Blutritt immer mehr Volksfestcharakter annimmt? Stimmen Sie ab unter www. schwäbische. de/ blutritt