Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Spatenstich für ein „Jahrhundertprojekt“
Brückenbau bei Lanzenhofen: verschollene Unterlagen, ICE-Halt und ein geografischer Irrtum
LEUTKIRCH/KISSLEGG - Zwischen Leutkirch-Lanzenhofen und Kißlegg-Herrot hat am Donnerstagmittag ein „Jahrhundertprojekt“begonnen. So bezeichneten nahezu unisono alle Redner den Bau der Brücke über die Bahnstrecke, dessen offiziell ersten Spatenstich Vertreter der beiden Kommunen, des Landkreises und der Deutschen Bahn tätigten.
Die Brücke ersetzt zwei Bahnübergänge bei Lanzenhofen. Gleichzeitig erhält Herrot durch die neue Straßenführung eine Umgehungsstraße.
Der Ravensburger Landrat Harald Sievers sprach von einer „bewegenden Stunde“, aber auch von einer großen Kraftanstrengung, die viel Kopfschmerzen bereitet habe. „Ein Projekt mit 4,8 Millionen Investitionsvolumen stemmen wir nicht alle Tage.“Die Elektrifizierung der Allgäubahn und deren Qualitätsgewinn
TRAUERANZEIGEN sei indes „ein Jahrhunderterfolg“. Dadurch dass das Land im Vorfeld seinen Förderanteil erhöht habe, könne man „mit Leichtigkeit“und „in fröhlicher Stimmung“diesen Spatenstich vollziehen.
„Was für ein schöner Tag“, freute sich auch Michael Katz als Vertreter der DB Netz AG und meinte damit nicht nur das herrliche Wetter. Zwei Bahnübergänge zu beseitigen, sei für sein Unternehmen an sich nichts Spektakuläres. Aber weil auch dadurch die Fahrzeit zwischen München und Lindau enorm verringert werde, habe die Maßnahme „eine deutlich höhere Wirkung, als man meint“. Denn „kein Bahnübergang ist der beste Bahnübergang“. Durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten sei dieser Brückenbau „ein Best-practice-Beispiel für eine Planung“, lobte Katz.
Der Bahn-Vertreter wähnte sich allerdings noch auf bayerischem Boden. Auf diesen geografischen Irrtum wies ihn Leutkirchs Oberbür- germeister Hans-Jörg Henle schmunzelnd hin.
Henle hob auch die Bedeutung des Projekts für die Verkehrssicherheit hervor. „Wir beseitigen damit eine ganz gefährliche Situation, und das ist ebenso wichtig wie die Elektrifizierung selbst.“Der Oberbürgermeister freute sich über die Anwesenheit von Christoph Muth, den General Manager des Leutkircher Center Parc Allgäu. „Wenn nun die Bahn es noch schafft, Leutkirch einen ICE-Halt zu geben, dann müssten die Leute nicht mehr die Straßen benutzen, sondern könnten nachhaltig mit der Bahn anreisen“, sagte Henle lächelnd, aber vielleicht doch nicht ganz ohne Hintergedanken.
Ähnliches gilt für die Bemerkung von Kißleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher: „Ich werde ein paar Herroter, und auch in Waltershofen kenne ich ein paar, hierher schicken, damit sie sehen, wie das mit den Grundstücken gemacht werden kann.“Krattenmacher nahm damit Bezug auf die weitgehend reibungslos geklärten Grundstücksfragen für den Brücken- und Straßenbau. „Es sei nämlich „das Wunder passiert, dass Menschen, die nicht nur Vorteile vom Projekt haben, menschliche Größe gezeigt haben“.
Krattenmacher hob auch die Bürgerbeteiligung hervor. „Herr Katz, Sie haben Großes geleistet, indem Sie die Menschen früh informiert und mitgenommen haben.“Ebenfalls sein Lob erhielten Kreisräte und Landratsamtsmitarbeiter, „die Freude daran hatten, hier mit den Menschen etwas zu entwickeln“.
Der Baubeginn ist für ihn Anlass, den Ausbau der Strecke zwischen Herrot und Haslach in Angriff zu nehmen, „dabei spreche ich von einem halben Meter“mehr Straße.
Simon Gehringer, Leiter des Kreis-Straßenbauamts, nannte das Projekt „spannender als jeden Sonntagabendkrimi“: Vorplanung mit zwei Bürgerversammlungen; „nicht immer einfache Flurbereinigung“; ein Planfeststellungsverfahren, das wenige Monate statt Jahre dauerte; zwischenzeitlich wegen des Umzugs eines Ministeriums verschollene Unterlagen; ein gerade noch rechtzeitig eingegangener Förderbescheid.
40 Institutionen mit mehr als 100 Personen waren beteiligt an diesem „Bau an einer Schlagader der Bahn, der unter hohen Sicherheitsauflagen ablaufen muss“, so Gehringer. Sein großer Dank ging an seinen Landratsamtskollegen Franz Fugel, er sei ein „Ingenieur mit Leib und Seele und der Motor des Projekts“.
Ein Video zum Thema gibt’s online unter www.schwaebische.de/ lanzenhofen